Wie das Sprudelbad zur OLMA kam

Ein ausländisches Publikum würde wohl staunen, was man unter dem Label «Schweizer Messe für Landwirtschaft und Ernährung» alles sehen und kaufen kann: Gemüsehobel für Schwiegermütter, damit diese – glaubt man dem eloquenten Verkäufer – «gesünder», «schneller» und «williger» kochen. Oder Rasentrimmer für Büroangestellte, die abends im heimischen Garten von einer Farm in Kanada träumen. Längst gehören aber auch Sprudelbäder oder Gesundheitsmatratzen zur DNA der OLMA. Sie verdanken ihren Platz der so genannten «Liberalisierung von Ausstellungsgütern», der nach und nach umgesetzten Erweiterung der Aussteller-Kategorien.

Die heutige Vielfalt an Ausstellern entwickelte sich kontinuierlich. Einerseits galt es, dem Fokus auf der Schweizer Landwirtschaft Rechnung zu tragen. Andererseits musste die Messeleitung auch die Interessen und Bedürfnisse der Aussteller und des Publikums ausreichend berücksichtigen. Die «äusserst wichtige und heikle Aufgabe der Standzuteilung» – so ein Protokoll von 1970 – oblag dabei der OLMA-Zulassungskommission. Für sie war Transparenz überaus wichtig, da «die für die Standzuteilung verantwortlichen Messefunktionäre in besonderem Masse der Kritik und der Verdächtigungen ausgesetzt» seien. Denn das Interesse an Ausstellungsfläche überwog das Angebot bei weitem. Obwohl die Bewerber also Schlange standen bzw. Wartelisten füllten, behandelte die Zulassungskommission alle Firmen gleichermassen pfleglich: «Da das Verhältnis von freien Ständen zu Neuinteressenten nur noch 1:3 beträgt, heisst es auch diesen Bewerbern Sorge zu tragen und die Absage für die OLMA 1970 sehr ‹diplomatisch› zu verfassen, um diese Firmen für spätere, evtl. kritische Jahre ‹warm zu halten›.»

Die Zulassungskommission stützte ihre Entscheide auf die fortlaufend aktualisierten und ergänzten Ausstellerreglemente. Diese muten mit ihren Artikeln und Unterpunkten – genretypisch – etwas spröde an. Sie widerspiegeln aber – und hier sind sie interessant – die zunehmende Globalisierung der Güterproduktion. Diese trieb auch die «Liberalisierung der Ausstellungsgüter» an, die mit dem «Spezialreglement über die Zulassung landwirtschaftlicher Maschinen und Traktoren» von 1972 begann: «Ausländische Maschinen können von der Zulassungskommission der OLMA ebenfalls zur Ausstellung gestattet werden, unter der Bedingung, dass die einheimische Fabrikation in der Branche wesentlich nicht ausreicht, um die Bedürfnisse der Käufer zu befriedigen.» Beim Westschweizer Pendant zur OLMA, dem 2018 eingestellten «Comptoir suisse» in Lausanne, präsentierte sich dasselbe Bild. Auch hier gab es 1973 – wie eine OLMA-Delegation bei einem Austausch erfuhr – «praktisch keine Branche mehr, die rein schweizerisch» sei, bzw. «keine Firma mit rein schweizerischer Produktion». Immerhin bei den Nähmaschinen hielt man das Schweizer Angebot nach wie vor für ausreichend. Wobei auch die sogenannte «Schweizer Ware» – wie bei der OLMA auch – bloss «50 % Schweizeranteil» aufweisen musste, um als einheimisch zu gelten. Bei den landwirtschaftlichen Produkten wie Wein, Käse, Obst und Früchten war man dagegen in der West- und Ostschweiz konsequent: «hier = 100 % Schweiz».

Damit passen auch Sprudelbad und Co. bestens zur OLMA. Denn schon die ersten «Hot Tubs» hätten die Aufnahmekriterien erfüllt. Für diese zersägte man einfach grosse Weinfässer in der Mitte und füllte sie mit einheimisch-heissem Wasser. Und im Sarganserland verfügte St.Gallen ohnehin längst über diverse «Hot Spots» der Wassertherapie, die beim Alten Bad Pfäfers sogar bis ins Mittelalter zurückreichen. Diese Badekuren waren aber einer vermögenden Klientel vorbehalten, und selbst heute noch müssen die Gäste des «Grand Resorts Bad Ragaz» ausreichend flüssig sein. So gesehen kommt der OLMA bzw. deren Ausstellern das grosse Verdienst zu, mit wohlfeilen Angeboten (Messerabatt!) die Badekur demokratisiert zu haben: Für vergleichsweise wenig Geld ist es nun Allen möglich, die von der Arbeit müden Glieder im warmen Sprudel wieder zu vitalisieren.

Die Kategorie «Sprudelbäder» findet sich erstmals im Warenverzeichnis des Messe-Katalogs von 1988, sinnigerweise zwischen den «Spritzgeräten» und den «Sprühgeräten». Zu sehen und zu kaufen gab es sie am Stand der Firma «Fitness-Partner AG» aus dem Appenzellischen Grub. Im Jahr darauf trat mit der Firma «Raymor» aus Ermatingen schon die erste Konkurrenz auf den Plan. Allerdings: Bereits 1977 bot die St.Galler Firma «Jakko-Knechtle AG» unter der Kategorie «Schwimmbäder» auch einen «Hot-Whirl-Pool = Luftperl-Vollmassagebad» an. 1995 buhlten schliesslich nicht weniger als fünf Sprudelbad-Aussteller aus der Ostschweiz um Kundschaft. Und auch heuer wird man wieder die Qual der Wahl haben zwischen einer einfachen Sprudelmatte und dem luxuriösen Whirlpool mit allen Schikanen. Wer aber auch während einer allfälligen Strommangellage seinen Spass haben will, setzt vielleicht besser auf ein «Badefass mit direkt wirkendem Holzofen». Auch davon gibt es schicke Modelle.

Marcel Müller, Staatsarchiv

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