Polizeihaus am Hofgraben des alten kurfürstlichen Hofgebäudes in München: Einrichtung einer gemeinnützigen Anstalt mit Rumford-Kochherd nach Projekt von Benjamin Thompson (1753-1814), Situationsplan, Ansicht, Grundrisse und Schnitt
Titel
Polizeihaus am Hofgraben des alten kurfürstlichen Hofgebäudes in München: Einrichtung einer gemeinnützigen Anstalt mit Rumford-Kochherd nach Projekt von Benjamin Thompson (1753-1814), Situationsplan, Ansicht, Grundrisse und Schnitt
Signatur
KPC 8/06
Stufe
Dokument
Entstehungszeitraum
1802
Archivalienart
Buch , Plan
Verfertiger/-in
Zeichnung: Baumgartner, Anton (1761-1831), Jurist, Polizeidirektor und Baurat, München, basierend auf der "Erfindung" von Thompson, Benjamin (1753-1814), Offizier, Politiker und Exeperimentalphysiker, der 1790 als "Reichsgraf von Rumford" in den Reichsgrafenstand erhoben wurde
Alte Signatur
KPC/d (gemäss Heftanschrift)
Originalbezeichnung
Polizey-Erinnerung und Zeichnungen zum Kochherd der Rumfortischen Suppe im Polizeyhaus zu München.
Entstehungszeitraum, Anmerkung
Die vorliegenden Pläne entstanden anlässlich einer um 1802 geplanten Verlegung der Franziskaner- und Kapuzinerkonvente in München. Im Hinblick auf diese Massnahme wurde befürchtet, dass die bisher unentgeltlich abgegebene "Klostersuppe" den Bedürftigen nicht mehr zur Verfügung stehen würde. Als Alternative hierzu schlug Polizeidirektor Anton Baumgartner (1761-1831) im Auftrag der "Kurfürstlichen Durchlaucht" die Einrichtung einer eigens geschaffenen gemeinnützigen Anstalt in den Räumlichkeiten des bestehenden Polizeihauses vor sowie die Möglichkeit zum "käuflichen" (!) Erwerb der daselbst auf einem "Rumford-Kochherd" hergestellten gleichnamigen Suppe (auch unter der Bezeichnung "Rumfutsch" bekannt). Im Frühling 1802 stand der Bau von Küche und Speisesaal vollendet da; bereits im März gleichen Jahres wurden 5128 Suppenportionen ausgeteilt, gefolgt von 5740 Portionen im April und 7808 Portionen im Mai sowie von 28'372 Portionen in den drei Sommermonaten Juni, Juli und August. Auf Kosten der Regierung beschloss man, täglich 200 "Gratis-Suppenbillete" an jene Personen abzugeben, für die ein regulärer Mahlzeitenerwerb nicht in Frage kam.
Ausprägung
analog
Enthält
Zwölfseitiges, fadengeheftetes Werk, bestehend aus fünf Planzeichnungen, wovon vier ein- und eine doppelseitig: 1. "Die Ansicht des Kochherdes"; 2. "Durchschnitt nach der Linie A. B."; 3. "Grundlage der Feuerplätze und Rauch-Kanäle"; 4. "Die Oberfläche oder Darauf: Sicht vom Koch=Herd"; 5. Grundriss des alten kurfürstlichen Hofgebäudes mit Einfahrt, Speisesaal mit Bestuhlungsplan, Speisekabinett, Abort und Küche einschliesslich Situierung des Herdes mit vier Kochstellen. Dazu vorne miteingeheftet: 1. Zwölfseitige "Polizeÿ-Erinnerungs"-Notizen des Münchner Polizeidirektors Anton Baumgartner (1761-1831), datiert zwischen 8. März und 4. September 1802. Grauer Pappumschlag mit althandschriftlich betiteltem Rückenetikett.
Darin
Lose beigelegt zwei handschriftliche Dokumente aus Wien, wo 1801/02 an der Wipplingerstrasse die erste Suppenanstalt mit "Rumford-Herden" eröffnet wurde: 1. Achtseitige, fadengeheftete Zusammenstellung betreffend "Berechnung Über die Kosten der Rumfordschen Speise nach den dermaligen Markt=Preisen". 2. Zwölfseitige, fadengeheftete "Interims Instruction Für die Zubereitung der Rumfordschen Speise", u.a. mit detaillierten Hinweisen zu den "Bestandtheilen der Speise", zu ihrer Behandlung und zur Kochzeit von sechs (!) Stunden sowie mit 25 Rezeptvarianten im Anhang: Als Konstanten galten hierbei Kartoffeln, gelbe Rüben, Petersilie und Rindfleisch, als Varianten Erbsen, Linsen, Gerste und Fisolen (grüne Bohnen) nebst Innereien (Lungen, Leber, Beuschel) und Essig. 3. Sechsseitige Wikipedia-Dokumentation zu Leben und Werk von Benjamin Thompson (Ausdruck vom 7. Januar 2011).
Format (Höhe x Breite)
40.9 cm x 28.4 cm (je Blattgrösse)
Massstab
Münchner Schuh
Technik
Federzeichnungen, koloriert
Anmerkung
Benjamin Thompsons (1753-1814) Herd- und Suppenerfindung entstand vor dem Hintergrund der schwierigen Ernährungslage der Soldaten, die der 23-Jährige 1784 in München, wo er als Adjutant und Kammerherr mit der Reorgansiation der Armee beauftragt war, vorgefunden hatte. Neben dem energiesparenden "Rumford-Herd" und der kostengünstigen, aber nahrhaften, weil auf der damals in Europa eher als Zierpflanze bekannten Kartoffel basierenden "Rumford-Suppe" liess Thompson Armenhäuser, Schulen für Soldatenkinder und Arbeiterhäuser errichten sowie ab 1789 den Englischen Garten anlegen. Der Verfasser des vorliegenden Plankonvolutes, Polizeidirektor Anton Baumgartner (1761-1831), arbeitete in den Jahren 1798/99 bzw. zur Zeit der Neuschaffung der Münchner Polizeidirektion eng mit Benjamin Thompson zusammen.
Blätter zumeist mit Wasserzeichen (schräg geteilter, lilienbekrönter Schild über Schriftzug "C. & I. Honig").
Umschlag etwas fleckig.
Amtsblatt des Kantons St.Gallen, 1. Hälfte 1804.
Csendes, Peter; Oppl, Ferdinand (Hg.): Wien. Geschichte einer Stadt, Von 1790 bis zur Gegenwart, Wien, Köln und Weimar 2006, S. 38.
Gabathuler, Hansjakob: Graf von Rumford und seine Armensuppe, in: Werdenberger Jahrbuch 2008, S. 86-98 (mit Abb. der Pläne).
Zürcher, Regula: Rühren, damit sie nicht ansitzt - die "Rumfortische ökonomische Suppe" oder Die Wissenschaft im Dienst der Armenpflege, in: St.Gallen à la carte. Alte Karten und Pläne fürs neue Jahr, Begleitpublikation zur gleichnamigen Ausstellung im Kulturraum des Regierungsgebäudes, 7. Dezember 2013 bis 2. Februar 2014, St.Gallen 2013, S. 40f. (mit Abb.).
Zu weiteren Dokumenten: siehe Registerkarte "Verweise".
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Sachakten (30 Jahre)
Ende der Schutzfrist
12/31/1832
Bewilligung
Staatsarchiv
Zugänglichkeit
Archivmitarbeiter/-innen
Physische Benutzbarkeit
Uneingeschränkt