125 Jahre HSG
Die Universität St. Gallen (den meisten von uns besser bekannt als HSG) feiert im Mai 2023 ihr 125-jähriges Bestehen und schaut auf eine lange Erfolgsgeschichte zurück. Die Hochschule beherbergt heute über 9500 Studierende aus 96 Ländern und rangiert in internationalen Rankings unter den angesehensten Business Schools der Welt. Doch die Anfänge der HSG waren wesentlich bescheidener…
Die Initiative zur Gründung einer Handelsschule in St. Gallen kam aus der Ostschweizer Stickerei- und Textilindustrie. Die Vertreter der krisengeplagten Unternehmen argumentierten: «Immer mehr wird von unseren Grosskaufleuten betont, dass der bisher eingeschlagene Bildungsgang zur Führung grosser Geschäfte mit weit verzweigten Verbindungen in aller Herren Länder, nicht genüge, dass dazu auch Kenntnis der Zoll- und Handelsgesetzgebungen […], eine gewisse Vertrautheit mit Rechtsfragen und ein Einblick in die Volkswirtschaftslehre erforderlich seien.» Von besser ausgebildeten Kaufleuten erhoffte man sich einen ausschlaggebenden Standortvorteil und letztlich den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit auf dem angespannten Weltmarkt.
Die «Specialkommission Handelsschule» unter der Leitung des Regierungsrats Theodor Curti empfahl dem Grossen Rat daher im Mai 1898, «in der Stadt St. Gallen eine Verkehrsschule und höhere Schule (Akademie) für Handel, Verkehr und Verwaltung» einzurichten. Bereits ein Jahr später am 03. Mai 1899 nahm die neue Schule mit einer kleinen Eröffnungsfeier ihren Betrieb auf. Der Unterricht begann mit lediglich sieben regulären Studenten (es waren wirklich nur Männer) und 85 Hörerinnen und Hörern.
Rückblickend auf das erste Schuljahr betont der Direktor der neugegründeten Schule noch einmal den Einfluss, welchen die beginnende Globalisierung und der rasche technologische Fortschritt auf den Wandel des kaufmännischen Berufs haben: «Der Kaufmannsstand hat auch weitaussehende organisatorische Fragen zu lösen, und zwar umso wichtigere, je mehr sich Handel und Verkehr in umfassender Weise ausdehnen und die Verhältnisse der entferntesten Gegenden, sowie die Neuerungen der Technik von Tag zu Tag neue Elemente in den Bereich seiner Berechnungen bringen.»
Um die Studierenden bestmöglich auf diese Herausforderungen vorzubereiten, wurden in erster Linie Kurse in den Fächern Volkswirtschaft, Recht und Handelsgeschichte angeboten. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten Fremdsprachen. So konnten die Studierenden schon im Gründungsjahr aus acht verschiedenen Sprachkursen, u.a. in Arabisch, Portugiesisch und Russisch wählen. Hinzu kamen ganz praktische Kurse wie Kaufmännische Arithmetik, Stenographie und Maschinenschreiben. Abgerundet wurde die Ausbildung der künftigen Kaufleute und Verwaltungsangestellten durch geisteswissenschaftliche Fächer wie Geschichte und Literatur.
Für die Durchführung der Lehrveranstaltungen wurden zunächst Unterrichtsräume im Westflügel der Kantonsschule gemietet. Erst 1910 erhielt die Handelshochschule im Museumsquartier an der Notkerstrasse 20 ihr eigenes Gebäude. Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Zahl der Studierenden aber dermassen rasant an, dass bereits der nächste Umzug an den heutigen Standort auf dem Rosenberg in Angriff genommen werden musste.
Was ist das Rezept für den Erfolg und das stetige Wachstum der HSG? Ist es der gute Rückhalt in der Ostschweizer Wirtschaft? Ist es die frühe Internationalisierung? Ist es die Spezialisierung der Hochschule auf Wirtschaft und Recht? Oder vielmehr die interdisziplinäre Breite der Management-Ausbildung? Ist es der schöne Standort in der Stadt St. Gallen? Wir laden Sie ein, im Archiv der HSG zu stöbern und eigene Antworten auf diese spannende Frage zu finden!
Mehr zum Jubiläum auf: https://www.unisg.ch/de/universitaet/oeffentliches-angebot/125-jahre-hsg/
Dr. Janett Seewer, Leiterin Universitätsarchiv