Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt
Titel
Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1926-2006
Existenzzeitraum
1979-
Synonyme
Strassenverkehrsamt
Abkürzungen
StVA
Geographische Angaben (Adresse)
Frongartenstrasse 5, 9001 St.Gallen
Rechtsform
Amt
Rechtsgrundlagen
Die massgeblichen Rechtsgrundlagen des StVA sind:
Bund:
- Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG, SR 741.01)
- Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV, SR 741.51)
- Verordnung vom 19. Juni 1995 über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS, SR 741.41)
Kanton:
- Einführungsverordnung zum eidgenössischen Strassenverkehrsgesetz vom 20. November 1979 (sGS 711.1)
- Gesetz über die Strassenverkehrsabgaben vom 5. Januar 1978 (SVAG, sGS 711.70)
- Gesetz über die Wasserfahrzeugsteuer vom 20. Oktober 1974 (sGS 714.2) sowie zugehörige Verordnung (sGS 714.21)
- Verkehrsgebührentarif vom 20. Dezember 2005 (sGS 718.1)
- Schifffahrtsverordnung vom 25. April 1980 (sGS 714.11)
(Amts-)Leitung
- 2017 Georges Burger, Dipl. Ing. FH
2017- Hanspeter Sigg, Betriebstechniker TS
Behördengeschichte
Die Automobilgesetzgebung fiel zunächst in die Kompetenzen der Kantone, wobei diese föderalistische Gesetzeslösung zu Konflikten führte. Erster Lösungsansatz hierfür waren die eidg. Konkordate von 1904 bzw. 1914, denen auch der Kanton St.Gallen beitrat. 1921 wurde dem Bund auf Verfassungsebene die Kompetenz in der Automobilgesetzgebung übertragen. Mit dem Bundesgesetz für den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr traten schliesslich 1933 in der Schweiz einheitliche Vorschriften für den Automobilverkehr in Kraft. Das Gesetz wurde schliesslich vom bis heute gültigen Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 abgelöst (SR 741.01) .
Mit dem Vollzug entsprechender Verordnungen war seit dem 1.1.1904 das Kantonale Landjägerkommando (Polizeidepartement) betraut. Das seit Ende der 1920er Jahre "wahrgenommene dringende Bedürfnis nach einer entsprechenden Ausgestaltung der kantonalen Motorfahrzeugkontrolle" führte 1934 zu einer selbstständigen Organisation dieser Verwaltungsabteilung, wobei die bereits mit den Kontrollen betrauten Landjäger in die Abteilung wechselten. Damit einher ging die Neuorganisation der Verkehrskontrolle und des Prüfungswesens. Die Verkehrskontrolle befasste sich sowohl mit der technischen Ausrüstung und Beschaffenheit der Motorfahrzeuge als auch mit der eigentlichen Verkehrsregelung. Wesentliche Neuerung im Prüfungswesen war die Zentralisation der Führerprüfungen, von der man sich eine bessere Ausbildung der Fahrzeugführer versprach.
Im Zuge der Einführungsverordnung zum eidgenössischen Strassenverkehrsgesetz vom 20. November 1979 (sGS 711.1) wurden die Verwaltungseinheiten Motorfahrzeugkontrolle und Schiffahrtskontrolle zum Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt (StVA) zusammengelegt. Das ebenfalls departementseigene Amt für Administrativmassnahmen wurde gleichzeitig in das neue Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt integriert und dort als Abteilung "Massnahmen" gegenüber Fahrzeugführern (später als Abteilung "Personenzulassung") weitergeführt.
Auf den 1. Mai 2008 wurde die Abteilung Personenzulassung mit der Abteilung Fahrzeugzulassung zur neuen Abteilung Verkehrszulassung fusioniert, wodurch v.a. in der nunmehr gemeinsamen Schalterhalle Synergien genutzt werden können. Dafür wurden die Administrativmassnahmen aus der vormaligen Abteilung Personenzulassung ausgegliedert und bilden neu (wieder) eine eigenständige Abteilung. Die Abteilung Verkehrszulassung stellt demnach die Fahrzeug- und Führerausweise aus, während die Abteilung Administrativmassnahmen letztere bei Bedarf entzieht.
Ab Januar 2019 wurde die Amtsinformatik aus dem Stab der Amtsleitung herausgelöst und neu als Abteilung "IT und Entwicklung" organisiert. Damit soll den zukünftigen Herausforderungen im Bereich des eGov wirkungsvoll begegnet werden können.
Tätigkeitsbereich (Behördenkompetenzen)
Die Aufgaben des StVA sind im Bereich Strassenverkehr (statistische Angaben gemäss Stand 2020):
a) Abteilung Verkehrszulassung:
- Pflege und Überprüfung der Daten der 417'000 im Kanton St.Gallen eingelösten Motorfahrzeuge: Dazu gehören diverse Dienstleistungen im Zusammenhang mit Fahrzeug- und Führerausweisen, z.B. Neulösungen, Namens- und Adressänderungen, Fahrzeug- und Versicherungswechsel, Tagesschilder, Schilderwechsel und -deponierungen, Spezialeinlösungen für Import und Export, Sonderbewilligungen u.a.
- Ausstellen von Führerausweisen: Nach dem Lernfahrausweis kann vorerst der Führerausweis auf Probe erworben werden. Dieser wird nach drei Jahren und zwei Weiterbildungskursen zum unbefristeten Führerausweis. Das StVA bearbeitet jährlich rund 20'000 Gesuche für Lernfahrausweise und stellt 40'000 Ausweise neu aus.
- Verwaltung der Kontrollschilder: Das StVA verwaltet rund 500'000 Kontrollschilder, davon sind 45'000 Schilder bereit für die Wiederausgabe. Jährlich werden vom StVA rund 80'000 Kontrollschilder neu ausgegeben oder deponiert.
- Ausstellen von Sonderbewilligungen: Das StVA prüft und erteilt jährlich rund 8'000 Sonderbewilligungen für Ausnahmefahrzeuge und Ausnahmetransporte (z.B. für grosse Fahrzeuge, welche an einem Sonntag oder während der Nacht unterwegs sein müssen).
- Vollzug der Schwerverkehrsabgabe: Die Zulassungsgeschäfte, welche den Vollzug der Schwerverkehrsabgabe beinhalten, werden in der Verkehrszulassung erledigt.
- Verkauf der Autobahnvignette: Der Verkauf von Autobahnvignetten erfolgt in der Schalterhalle der Verkehrszulassung.
b) Abteilung Administrativmassnahmen:
- Treffen von Massnahmen gegen fehlbare oder auffällige Fahrzeuglenkerinnen und Fahrzeuglenker: Jährlich werden dem StVA von der Polizei aus allen Teilen der Schweiz und dem Ausland rund 25'000 Verfehlungen gemeldet. 60 Prozent davon führen zu Verwarnungen, Entzügen, Verweigerungen oder zur Anordnung von medizinischen und psychologischen Abklärungen. Pro Jahr entzieht das StVA gegen 5'500 Führer- und Lernfahrausweise und spricht rund 3'500 Verwarnungen aus.
- Überprüfung von Arztzeugnissen: Das StVA kontrolliert jährlich mehr als 16'000 Arztzeugnisse von Fahrzeugführenden, hauptsächlich, weil sie Lastwagen und Cars lenken dürfen oder weil sie über 75 Jahre alt sind.
- Mandatierung von externen Gutachtern für Gutachten über die Entstehung und den Ablauf von Verkehrsunfällen (für alle Gerichtsinstanzen).
c) Abteilung Prüfungen:
- Abnahme von Führerprüfungen: Die Verkehrsexperten des StVA nehmen jährlich ca. 24'000 theoretische und praktische Führerprüfungen ab.
- Überprüfung von Fahrzeugen: Das StVA überprüft im Rahmen der periodischen Sicherheitsüberprüfungen jährlich rund 135'000 Fahrzeuge. In den Prüfstellen wird die Funktionstüchtigkeit der Fahrzeuge in Bezug auf die Verkehrssicherheit und auf die Einhaltung der geltenden technischen Vorschriften geprüft. Gleichzeitig wird darauf geachtet, dass Abgase, Lärmquellen oder mögliche Ölverluste die Umwelt nicht unnötig belasten.
- Durchführung von Ausbildungskursen für Mitarbeitende von Garagenbetrieben: Die Prüfstellen des StVA sind Ansprechpartner für rund 270 Garagenbetriebe, welche Selbstabnahmen an Neufahrzeugen durchführen oder Partner im Reparaturbestätigungsverfahren sind. Im Sinne der effizienten Zusammenarbeit werden die Mitarbeitenden der Garagenbetriebe entsprechend geschult.
Die Aufgaben des StVA sind im Bereich Schifffahrt (statistische Angaben gemäss Stand 2020):
- Zulassung von Wasserfahrzeugen: Die Überprüfung der Schiffe auf die Einhaltung der sicherheits- und umweltrelevanten Vorgaben erfolgt an den drei Standorten Rorschach, Schmerikon und Unterterzen, überwiegend jedoch an den Liegeplätzen der Schiffe. Im Kanton St.Gallen sind rund 4'450 Motor- und Segelboote eingelöst.
- Abnahme von Schiffsführerprüfungen: Jährlich erwerben im Kanton St.Gallen rund 750 Personen einen Schiffsführerausweis. Wer diesen erwerben will, musst zuerst in einer theoretischen Prüfung den Nachweis über fundierte Kenntnisse der gesetzlichen Grundlagen, der Verkehrsvorschriften und der seemännischen Regeln (Navigation, Verhalten in Notfällen) erbringen. In einer praktischen Prüfung müssen die Fähigkeiten als Skipperin oder Skipper in der Schiffsführung unter Beweis gestellt werden.
- Erbringung von seepolizeilichen Aufgaben: Die Kontrolle des ruhenden und fahrenden Schiffsverkehrs wird von den Schiffsexperten des StVA übernommen. Diese üben die damit verbundenen Tätigkeiten zusätzlich und begleitend zu ihren übrigen Aufgaben aus. Jährlich verzeichnet das Schifffahrtsamt rund 120 seepolizeiliche Einsätze.
- Betrieb von Sturmwarnungsdiensten: Das StVA betreibt gemeinsam mit den Anrainerkantonen an den Seen Sturmwarnungsdienste.
- Unterstützung der Seerettung: Das StVA unterstützt die Ufergemeinden beim Betrieb von Seenotrettungsdiensten. Der Kanton übernimmt die Investititonskosten (z.B. für Rettungsboote) und drei Viertel der Betriebskosten der Seenotrettungsdienste an den Seen.
- Internationale Zusammenarbeit am Bodensee: Der grösste See des Kantons ist der Bodensee, der gleichzeitig auch der drittgrösste See in Mitteleuropa ist. Die Grenzen des internationalen Gewässers wurden nie definitiv festgelegt. In Staatsverträgen sind die Zuständigkeit und der Vollzug geregelt. Das Schifffahrtsamt arbeitet im Bereich der Schifffahrt (Zulassung, einheitliche Vorschriften, Seepolizei, Seenotrettungsdienst) grenzüberschreitend mit seinen Partnern zusammen.
Die Aufgaben der Abteilung Finanzen & Dienste sind:
- Betrieb des Info Centers: Die Mitarbeitenden des Centers erteilen in mehr als 220'000 Telefongesprächen persönliche Auskünfte. Die Telefongespräche werden durch ein virtuelles Callcenter gesteuert, das Aussenstellen und Inhouse-Abteilungen des StVA intelligent miteinander verbindet.
- Führung des Rechnungswesens: Das StVA versendet pro Jahr 500'000 Debitorenrechnungen (davon 45'000 elektronische). Dazu kommen 90'000 Zahlungsaufforderungen und Mahnungen. Ausserdem werden jährlich über 13'000 Schilder eingezogen. Der jährliche Gesamtumsatz liegt bei über 280 Millionen Franken. Davon stammen 170 Millionen Franken aus den Motorfahrzeugsteuern.
Die Aufgaben der Abteilung IT & digitale Entwicklung sind:
- Mit der jüngsten, 2019 gebildeten Abteilung IT & digitale Entwicklung soll der zunehmenden Digitalisierung in allen Prozessen im StVA wirksam begegnet werden. In der neu organisierten Abteilung werden alle IT-Investitionen und deren Betrieb organisiert und fachlich begleitet.
Die Aufgaben der Amtsleitung sind:
- Personaldienst
- Qualitätsmanagement: Das StVA hat sich als eines der ersten Strassenverkehrs-ämter in der Schweiz nach ISO 9001 zertifiziert. Das StVA dokumentiert rund 150 Prozesse mit über 1'200 Checklisten, welche in einem elektronischen Qualitätshandbuch für alle Mitarbeitenden einsehbar sind. Die Abläufe und deren Ausführungsqualität werden regelmässig durch Audits sowie mit Kundenbefragungen überprüft.
Administrative Strukturen
Organisatorisch ist das StVA eine von sechs Organisationseinheiten des SJD (Generalsekretariat, Migrationsamt, Amt für Justizvollzug, Kantonspolizei, Amt für Militär- und Zivilschutz, StVA); die Amtsleitung ist direkt der Departementsleitung unterstellt. Das StVA beschäftigt rund 150 Mitarbeitende, welche sich insgesamt 13'300 Stellenprozente teilen (Stand 2021).
Neben seinem Hauptsitz in der Stadt St.Gallen betreibt das Strassenverkehrsamt fünf Prüfstellen an den Standorten Kaltbrunn, Mels, Buriet, Winkeln und Oberbüren.
Das Schifffahrtsamt hat seinen Hauptsitz in Rorschach und betreibt an den Standorten Schmerikon und Unterterzen jeweils einen Stützpunkt.
Parallelüberlieferungen
Aufgrund der hohen Vernetzung des StVA kann davon ausgegangen werden, dass die Amtstätigkeit oder zumindest Teile davon in den Unterlagen und Archiven von Dritten – z.T. dauerhaft – abgebildet werden.
Bund:
- Bundesamt für Verkehr (BAV): Der Bund betreibt die Datenbank Informationssystem Verkehrszulassung IVZ , welche die in den StVA-Applikationen Cari, ELSA und ECM I Admas (seit 1.1.2021 in Cari integriert) enthaltenen Daten spiegelt. IVZ dient gemäss Gesetzestext u.a. auch zur Erstellung von jährlichen Statistiken. Der Bund erstellt pro Jahr eine ausführliche Statistik aus IVZ, welche die Grundlage für die Statistik des kantonalen Amtsberichts bildet. Die Aufbewahrungsfristen bzw. Archivierungsmodalitäten der Daten werden im Übrigen vom Bundesrat festgelegt.
- Bundesamt für Strassen, Bundesamt für Polizeiwesen, EJPD, Bundesamt für Umwelt etc.: Kreisschreiben, Berichte, Vorschriften, Vernehmlassungen zu eidgenössischen Gesetzen und Verordnungen usw. werden bereits auf Bundesebene archiviert.
Kanton:
- Kantonale Untersuchungsämter / Staatsanwaltschaft: Alle Personendossiers der Abt. Administrativmassnahmen, die in Zusammenhang mit Strafverfahren und Verzeigungen entstanden sind (80-90% der Fälle), enthalten ausschliesslich Fotokopien. Die Originale befinden sich bei den Gerichts- bzw. Staatsanwaltschaftsakten. Die Dossiers enthalten zudem eine Kopie der Verfügung, die im Rahmen des Administrativ-Verfahrens erstellt wurde. Originale enthalten jene Dossiers, die in Zusammenhang mit einem reinen Administrativ-Verfahren erstellt wurden (d.h. ohne paralleles Strafverfahren).
- Amt für Finanzdienstleistungen AFDL: Das AFDL stellt das Rechnungsführungssystem SAP zur Verfügung. Die relevanten Daten (Kreditorenbelege) werden vom StVA im SAP erfasst und archiviert (das StVA bewahrt die Papierquittungen während 10 Jahren auf und vernichtet sie anschliessend).
- Kantonspolizei: Im Bereich der seepolizeilichen Aufgaben arbeitet das StVA eng mit der Seepolizei zusammen.
Interkantonale und internationale Konferenzen:
- Vereinigung der Strassenverkehrsämter asa: Gemäss StVA archiviert die asa die herausgegebenen Richtlinien und Weisungen, welche für die Mitglieder neu auch online zugänglich sind.
- Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) / Zwicky-Tagung: Die Unterlagen der Konferenz der Kantonsregierungen werden bereits integral vom Betreuerarchiv StASG archiviert (gemäss VSA-KoKo-Papier A 27). Die der Verkehrsplanung dienende, jährliche Zwicky-Tagung wird vom kantonalen Baudepartement organisiert; die entsprechenden Unterlagen übernimmt das Staatsarchiv von der Amtsleitung des Tiefbauamts, vgl. A 533/05.
- Internationale Schiffahrtskommission Bodensee (ISKB): Einsitz in der Kommission haben die Anrainerstaaten. Die Schweiz als Vertragsstaat der BSO wird vom Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation vertreten.
- Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB): Mitglieder der 1959 gegründeten Organisation sind die Anrainerstaaten. Die IGKB kümmert sich um den ganzheitlichen Zustand des Sees und empfiehlt den Mitgliedsländern Massnahmen zum Schutz des Ökosystems Bodensees. Die Protokolle der Kommission übernimmt das Staatsarchiv vom Generalsekretariat des Baudepartements, vgl. A 526/15.
Bewertung der organisatorischen Gesamtfunktion
Das Amt vollzieht in erster Linie Bundesrecht. Das eigentliche Rückgrat des Vollzugs bilden die derzeit vier Bundes-Datenbanken MOFIS (Fahrzeug- und Fahrzeughalter-register), ADMAS (Administrativmassnahmenregister), FABER (Fahrberechtigungs-register) und TARGA (Fahrzeugtypenregister).
Mit seiner Doppelfunktion in den Bereichen Prüfung und Zulassung sowie seepolizeiliche Aufgaben trägt das Schifffahrtsamt eine Rundumverantwortung für die Sicherheit auf den Seen.
Historische Kriterien
Die Geschichte der Technik, der Mobilität und des (Automobil-)Verkehrs spielt in der aktuellen historischen Forschung eine eher marginale Rolle, was u.a. auch an der verhältnismässig kleinen Anzahl entsprechender Publikationen ersichtlich ist. Die Entwicklung und Organisation des Strassenverkehrs prägte allerdings die jüngere – globale! – Geschichte wesentlich mit; entsprechende Unterlagen versprechen gerade in Verbindung mit Umwelt- und Energiefragen aufschlussreiche Zugänge und sind grundsätzlich archivierungswürdig.
Die wissenschaftliche Bedeutung der beim StVA vorhandenen Unterlagen ist nichtsdestotrotz als klein zu veranschlagen, da das Amt in engem Austausch mit Bundesstellen primär mit dem massenhaften Vollzug der Bundes- und Kantonalgesetzgebung beschäftigt ist (wobei sich letztere stark an erstere anlehnt). Interessant bei diesen Massenakten wäre allenfalls die Zeit vor 1950, d.h. vor der einsetzenden Motorisierung grösserer Bevölkerungskreise. Von historischer Bedeutung und v.a. auch arbeitsökonomisch effizient auswertbar sind primär die – grösstenteils bereits beim Bund überlieferten – Zusammenzüge und Statistiken, sowie die entsprechenden rechtlichen Grundlagen von Bund und Kanton (Kreisschreiben, Richtlinien, Weisungen).
Rechtliche Kriterien
- Die Unterlagen zum Finanzwesen müssen während 10 Jahren aufbewahrt werden. Diese Vorschrift folgt der gesetzlich vorgegebenen Aufbewahrungspflicht während 10 Jahren (in sachgemässer Anwendung von Art. 590, 730c und 747 sowie Art. 957 und 962 des Schweizerischen Obligationenrechts (SR 220), der eidgenössischen Geschäftsbücherverordnung (SR 221.431) sowie gemäss Art. 15 der kantonalen Finanzhaushaltsverordnung vom 17. Dezember 1996 (sGS 831.1). Längere Aufbewahrungsfristen gelten für Mehrwertsteuerrelevante Belege (15 Jahre gem. Art. 49 MWSTG), Belege zu Immobilien (20-25 Jahre gemäss Art. 58, Abs. 2 MWSTG) sowie Verlustscheine aus Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren (20 Jahre gem. 159a, Abs. 1 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs).
- Personalunterlagen: Aufbewahrung bis 10 Jahre nach Austritt aus dem Dienstverhältnis, in Anlehnung an die Verjährungsfristen nach Art. 24 der Besoldungsverordnung vom 27. Februar 1996 (sGS 143.2) sowie in Verbindung mit Art. 127 bis 142 des Schweizerischen Obligationenrechts (SR 220); vgl. dazu auch die Richtlinie des kantonalen Personalamts zum Umgang mit Personalunterlagen und Personaldossiers vom 1. Juni 2012 (PHB 35.1).
- Personendossiers Abt. Administrativmassnahmen: Kassation der Papierakte nach erfolgtem Vollzug und vorgängiger vollständiger Digitalisierung (gemäss Anweisung des Generalsekretärs des Justiz- und Polizeidepartements); der Eintrag in der Bundes-Datenbank ADMAS wird nach Ablauf der in der entsprechenden Verordnung festgehaltenen Fristen gelöscht (nach 5 bzw. 10 Jahren, sofern keine neue Massnahme eingetragen werden muss).
- Fahrzeug-Prüfberichte: 25 Jahre, danach Kassation nach Ermessen der Dienststelle (vom StVA gesetzte Frist, die sich an der konkreten Lebensdauer der Fahrzeuge orientiert. Es besteht diesbezüglich keine übergeordnete Rechtsgrundlage. Die Jahrgänge ab 2002 sind in der MOFIS-Datenbank des Bundes (IVZ) gespeichert und können bei Bedarf rekonstruiert werden.)
Für die übrigen Unterlagen des StVA sind keine spezifischen Aufbewahrungspflichten und -fristen bekannt.
Vereinbarung
Vereinbarung zwischen dem Staatsarchiv St.Gallen und dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt vom November 2021 (ersetzt Vereinbarung vom 20. Januar 2009):
a) Amtsleitung:
- Managementbericht ISO zuhanden der Amtsleitung: Archivwürdig
- Amtliche Publikationen, vom StVA erstellt: Archivwürdig (bei Papierversionen je 2 Ex.)
- Personaldossiers von Mitarbeitenden, die a) durch ihre dienstlichen oder ausserdienstlichen Tätigkeiten einen kantonalen oder nationalen Bekanntheitsgrad erlangten oder die b) mit einem Disziplinarverfahren oder einer Administrativuntersuchung gemäss dem kantonalen Personalgesetz konfrontiert waren: Archivwürdig
- Personaldossiers aller übrigen Mitarbeitenden: Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ablauf von 10 Jahren)
b) Finanzen:
- Kassajournale, rechnungsrelevante Unterlagen: Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ablauf von 10 Jahren)
c) Verkehrszulassung:
- Wegzüge von Fahrzeughaltern in andere Kantone: Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ermessen des StVA)
- Fahrzeug- und Mofa-Führerausweise (Kopien): Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ermessen des StVA)
- Fahrzeugausweise: Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ermessen des StVA)
- Fahrzeug-Prüfberichte: Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ermessen des StVA)
d) Administrativmassnahmen:
- Jährliche Statistiken seit Einführung der ADMAS-Datenbank: Archivwürdig
- Personendossiers: Nicht archivwürdig (Vernichten nach erfolgtem Vollzug und vollständiger Digitalisierung)
e) Prüfungen:
- Arbeitsprogramme von Prüfungsexperten: Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ermessen des StVA)
- Prüfungsatteste: Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ermessen des StVA)
f) Schifffahrt:
- Protokolle der internationalen Schifffahrtskommission Bodensee ISKB: Archivwürdig
- Entwicklung der Abgasvorschriften für den Bodensee: Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ermessen des StVA)
- Prüfungsatteste: Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ermessen des StVA)
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Sachakten (30 Jahre)
Ende der Schutzfrist
12/31/2036
Bewilligung
Staatsarchiv
Zugänglichkeit
Archivmitarbeiter/-innen
Physische Benutzbarkeit
Uneingeschränkt