Migrationsamt
Titel
Migrationsamt
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1922-2017
Existenzzeitraum
1918-
Synonyme
Fremdenpolizei; Ausländeramt mit Ausweisstelle (Passbüro)
Geographische Angaben (Adresse)
Oberer Graben 38, 9001 St.Gallen
Rechtsform
Amt
Rechtsgrundlagen
Auswahl (Stand Juni 2010):
Aufgeführt sind im Folgenden nur Rechtsgrundlagen mit unmittelbarer Relevanz für den Kompetenzbereich des Kantons. Andere, insbesondere auch völkerrechtliche Bestimmungen wie die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 (Non-refoulement-Prinzip) oder das Schengen/Dublin-Abkommen (Erstasyl-Abkommen) aus dem Jahr 1997, die zwar für die Gesamtthematik von grundlegender Bedeutung sind, jedoch primär das ausländer- oder asylrechtliche Handeln auf Bundesebene bestimmen, sind bewusst weggelassen.
1) Allgemeines
Von bereichsübergreifender Relevanz sind:
- Weisungen und Rundschreiben des Bundesamtes für Migration (www.bfm.admin.ch)
- Richtlinien und Praxisempfehlungen der Vereinigung der Fremdenpolizeichefs der Ostschweizerkantone und des Fürstentums Liechtenstein (www.vof.ch)
- Kantonales Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Mai 1965 (sGS 951.1)
2) Ausländerwesen
- Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 16. Dezember 2005 (AuG, SR 142.20) sowie die darauf Bezug nehmenden Verordnungen des Bundes
- Personenfreizügigkeitsabkommen Schweiz – EG vom 21. Juni 1999 (FZA, SR 0.142.112.681) mit dazugehöriger Verordnung
- Kantonale Verordnung zur Bundesgesetzgebung über die Ausländerinnen und Ausländer vom 18. Dezember 2007 (sGS 453.51)
3) Asylwesen
- Eidgenössisches Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) und zugehörige Verordnungen
- Kantonale Verordnung über die Aufnahme von Asylsuchenden vom 3. Dezember 2002 (sGS 381.12)
4) Ausweiswesen
- Bundesgesetz über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (Ausweisgesetz) vom 22. Juni 2001 (AwG, SR 143.1)
- Eidgenössische Verordnung über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige (Ausweisverordnung) vom 20. September 2002 (VAwG, SR 143.11)
- Kantonale Verordnung zur Bundesgesetzgebung über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige vom 19. Januar 2010 (sGS 453.31)
(Amts-)Leitung
1918-1920: Heinrich Kunz
1921-1939: Julius Richter
1939-1961: Gustav Studer
1961-1977: Emil Sutter
1978-1989: Paul Gabathuler
1990-1997: Alfred Artho
1997-2010: Bruno Zanga
2010- Jürg Eberle
Behördengeschichte
Die Wurzeln des heutigen Migrationsamts reichen zurück in die Endphase des Ersten Weltkriegs. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die fremdenpolizeilichen Angelegenheiten im Kanton von einem einzelnen "Kontrollbeamten" im Polizeidepartement wahrgenommen worden. Im Gefolge der Gründung der eidgenössischen Fremdenpolizei im Jahr 1917 kam es dann aber auch auf kantonaler Ebene zur Einrichtung eines eigenständigen Verwaltungsorgans, das sich mit dem Fremdenpolizeiwesen zu befassen hatte. Im Staatskalender des Jahres 1918 ist im Abschnitt zum Polizeidepartement erstmals die Rede von einem "Fremdenkontrollbureau", das ab 1921 "Fremdenpolizeibureau", später dann "Kantonale Fremdenpolizei" genannt wurde. Im Jahre 2000 erfolgte die Umbenennung der Dienststelle in "Ausländeramt".
Markante Eckdaten in der jüngsten Amtsgeschichte bilden die folgenden Ereignisse:
2002 Einführung der Personenfreizügigkeit der Schweiz mit der Europäischen Union (EU) mit weitreichenden Auswirkungen auf das Bewilligungs-/ Zulassungsgeschäft von ausländischen Personen in der Schweiz
2005 Verschiebung der Zuständigkeit für Asylzentren zur Unterbringung von Asylsuchenden vom kantonalen Departement des Innern DI (Amt für Soziales) ins Justiz- und Polizeidepartement JPD (Ausländeramt)
2008 Beitritt der Schweiz zum Schengen/Dublin-Abkommen (Erstasyl-Abkommen) von 1997 und Einführung eines neuen Ausländerausweises für Drittstaatsangehörige
2010 Einführung des biometrischen Reisepasses und damit Ausbau des Passbüros als biometrisches Erfassungszentrum
2011 Einführung des biometrischen Ausländerausweises für Angehörige ausserhalb EU/EFTA.
2011 Umbenennung in Migrationsamt; das Passbüro wird zur Abteilung Ausweisstelle.
Zur Regelung der fremdenpolizeilichen Angelegenheiten bis zur historisch besonders interessierenden Zeit des Zweiten Weltkriegs siehe: Martin Jäger: Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der Aktenbestände des Staatsarchivs St.Gallen zur Flüchtlings- und Migrationsgeschichte der Jahre 1920 bis 1950. Schlussbericht zuhanden von Projektleitung und Lenkungsausschuss (ungedruckt), St.Gallen 2000 (Bibliothek StASG F 2728).
Tätigkeitsbereich (Behördenkompetenzen)
Nebst den üblichen amtsinternen Führungs- und Administrativaufgaben nimmt das Migrationsamt folgende Kernaufgaben wahr:
1) Allgemeines/Überblick:
- Kantonaler Gestaltungsspielraum: Während im Asylwesen das Primat bereits seit Ende der 1930er-Jahren klar beim Bund lag und der Kanton seither hauptsächlich eine Zudiener- und Vollzugsfunktion ausübt, handelt und entscheidet der Kanton im Ausländerwesen innerhalb eines vom Bund gesteckten Rahmens massgeblich in eigener Kompetenz. Allerdings haben sich Bedeutung und Umfang dieser ausländerrechtlichen Funktion seit der Einführung der Personenfreizügigkeit für EU-/EFTA-Angehörige stark relativiert, zumal sie seither nur noch für Ausländer aus Drittstaaten zum Zuge kommt.
- Geschäftsvolumen (Stand 2010): Rund 110'000 der beim Amt in Bearbeitung stehenden Personendossiers und ¾ der Posteingänge betreffen das Ausländerwesen, dagegen nur ca. 2000 Dossiers und ¼ der Posteingänge den Asylbereich. Jährlich 120'000 von einem Workflow unterstützte Mutationen im Ausländer- und Asylbereich.
2) Ausländerwesen:
- Erteilung, Verlängerung und Mutationen (inkl. Entzug) von Bewilligungen für alle Kategorien von Ausländern mit Wohnsitz im Kanton St. Gallen (Kurzaufenthaltsbewilligungen, Jahresaufenthaltsbewilligungen, Niederlassungsbewilligungen, Grenzgänger, Touristen, Besucher, geschäftliche Besprechungen).
- Erlass von negativen Verfügungen und Entscheiden (Nichtverlängerung und Widerruf von Bewilligungen, Verwarnungen) für alle Kategorien von Ausländern mit Wohnsitz im Kanton St. Gallen.
- Vollzug von Wegweisungen und Zwangsmassnahmen im Ausländerverfahren
- Integration nach dem Grundsatz „fördern und fordern“ bei im Familiennachzug einreisenden oder bereits anwesenden Drittstaatsangehörigen mit B-Bewilligung, bei denen ein behebbares Integrationsdefizit festgestellt wurde. Deutschkursangebot, finanzielle Beteiligung durch den Kanton, vorzeitige Erteilung Niederlassung, Durchsetzbarkeit auch gegen den Willen der Adressaten.
3) Asylwesen:
- Durchführung von Teilen des Asylverfahrens im Auftrag des Bundes (Aufenthaltsregelung, Vollzug der Wegweisung, Zwangsmassnahmen) sowie in einer ersten Phase Unterbringung und Betreuung (Unterbringung in Asylzentren; Grundversorgung mit Nahrung, Kleidern, medizinischen Gütern) der dem Kanton zugewiesenen Asylsuchenden sowie der Kategorie der "vorläufig Aufgenommenen". Die diesbezüglichen Auslagen des Kantons werden durch den Bund mittels Pauschalen abgegolten. Der Gesamtauftrag der Zentren ist in einem Leistungskatalog festgehalten, die Ausführung der einzelnen Aufgaben in amtsinternen Richtlinien, Weisungen und Merkblättern umrissen. Eine Hausordnung regelt den betrieblichen Alltag in den Zentren.
- Rückkehrberatung (Führung der kantonalen Rückkehrberatungsstelle): Diese unterstützt die Asylsuchenden bei der Vorbereitung und Organisation der - freiwilligen oder pflichtgemässen – Rückkehr in ihre Heimat und informiert über die finanzielle Unterstützung, die zu diesem Zweck vom Staatssekretariat für Migration SEM sowie ergänzend aus dem kantonalen Rückkehrfonds gewährt wird. Auch bei der Rückkehrhilfe handelt es sich um eine Vollzugsaufgabe des Bundes, die rechtlich auf diesbezüglichen Bundesvorgaben basiert und im Rahmen sog. "Länderprogramme" des SEM erfolgt. Für die praktische Abwicklung dieser Programme in den Zielländern besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM).
4) Ausweiswesen:
Für schweizerische Staatsangehörige mit Wohnsitz im Kanton oder im Fürstentum Liechtenstein nimmt das Migrationsamt bzw. seine Ausweisstelle folgende Aufgaben wahr:
- Entgegennahme und Bearbeitung von Anträgen zur Ausstellung einer Identitätskarte
- Entgegennahme von Anträgen zur Ausstellung eines biometrischen Schweizerpasses inkl.Erfassung der notwendigen biometrischen Daten
- Entgegennahme und Ausstellung von provisorischen Reisepässen
- Erfassung von Biometriedaten für den biometrischen Ausländerausweis, das Schengen-Visumsystem (ab ca. Juni 2011) sowie für den Reiseausweis für schriftenlose Ausländer/innen
Administrative Strukturen
Das Migrationsamt bildet (Stand März 2011) ein eigenes Amt im Sicherheits- und Justizdepartement SJD, das intern nebst der Amtsleitung mit zugehörigem Sekretariat die vier Abteilungen Zentrale Dienste, Ausländerbereich, Asylbereich sowie Ausweisstelle umfasst. Der Abteilung Asyl unterstellt sind die zur Zeit vier auf dezentrale Standorte verteilten Asylzentren mit jeweils eigener Zentrumsleitung.
Parallelüberlieferungen
Wichtige Partner des Migrationsamt sind (Auswahl):
- SJD/Departementsleitung: Aufgrund der stark politischen Dimension der Amtstätigkeit, die sich nicht zuletzt in sehr häufigen parlamentarischen Vorstössen und einer regelmässigen Medienberichterstattung niederschlägt, besteht ganz allgemein eine ausgesprochen enge Zusammenarbeit zwischen der Amts- und der Departementsleitung. Daraus resultiert eine relativ breite Parallelüberlieferung zwischen diesen beiden Hierarchieebenen, insbesondere im Kontext von Regierungs- und Kantonsratsgeschäften sowie im Rekurswesen.
- SJD/Rechtsdienst sowie Verwaltungsgericht und Bundeverwaltungsgericht: Zuständige Rechtsmittelinstanzen in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten, auch im Bereich des Ausländer- und Asylwesens. Die Überlieferung der Entscheide der genannten Instanzen ist bereits über die seit 1997 systematisch geführte Entscheidsammlung des SJD-Rechtsdiensts sowie über die Spruchbände der Gerichte gewährleistet.
- SJD/Personaldienst sowie Dienst für Rechnungswesen und Informatik: Zentrale Ansprechpartner des Amts in Personal- sowie in Finanz- und Informatikbelangen.
- SJD/ Amt für Justizvollzug (AJV): Absprachen bei Ausschaffungen von kriminellen Ausländern direkt aus dem Strafvollzug.
- SJD/Kantonspolizei (KAPO): Intensive Kontakte bestehen in folgenden Bereichen: Routinemässige Berichterstattung der KAPO ans Migrationsamt über neu eingeleitete polizeiliche Verfahren gegen Ausländer (im Hinblick auf die Überprüfung oder Erneuerung bestehender fremdenpolizeilicher Bewilligungen); Vollzug fremdenpolizeilicher Massnahmen.
- Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA): Bis zur Einführung der Personenfreizügigkeit für EU/EFTA-Staatsangehörige war die Zusammenarbeit mit dem AWA von grosser Bedeutung, war doch für jeden Stellenantritt der sog. arbeitsmarktliche Vorentscheid des AWA zwingende Voraussetzung für die fremdenpolizeiliche Bewilligung des MA. Heute ist dies nur noch für Drittstaat-Angehörige von Belang. Dabei handelt es sich in aller Regel um Führungskräfte oder hochqualifizierte Spezialisten. Die Zusammenarbeit wird seit Mai 2010 vollektronisch durchgeführt (AWA hat Workflow und DossierExplorer eingeführt).
- DI/Amt für Bürgerrecht und Zivilstand: Mitberichte des Migrationsamtes sind wichtige Bestandteile in laufenden Einbürgerungsverfahren. Zudem gibt es Absprachen im Rahmen von Zwangs- und Scheinehen-Ermittlungen.
- DI/ Amt für Soziales, Kompetenzzentrum Integration und Gleichstellung (KIG, vormals IGP): Gemäss bestehender Aufgabenteilung ist das KIG zuständig für die Integration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen. In diesem Zusammenhang wie auch in seiner Funktion als verwaltungsinternes Kompetenzzentrum für Integrationsfragen schlechthin bestehen diverse Berührungspunkte zum Migrationsamt. Verantwortlich für die Umsetzung konkreter Integrationsmassnahmen zeichnete bis Ende 2009 der von privaten Hilfswerken getragene St. Galler Flüchtlingsdienst; seit Januar 2010 sind die Gemeinden bzw. das von denselben zu diesem Zweck neu gegründete Kompetenzzentrum für Migration und Integration (KOMI) zuständig.
- Kantonale Verwaltungsrekurskommission: Zwingender Einbezug als Haftüberprüfungsinstanz bei allen Fällen, in denen eine Inhaftierung von mehr als 96 Stunden angeordnet wird.
- Staatssekretariat für Migration (SEM): Formalrechtlich ist das SEM in sämtlichen Aufgabenbereichen und auch in allen Einzelfällen vorgesetzte Behörde des MA auf Stufe Bund. Heute kommt diese Kompetenz im Allgemeinen aber nur noch im Asylbereich zum Tragen. Im Ausländerwesen verlangt das SEM heute zu Einzelfalldossiers nur in ausgewählten Zusammenhängen eine Mitsprache (bspw. zwecks Vereinheitlichung der kantonalen Härtefallpraxis oder der Pauschalbesteuerung von Ausländern). Als Produkt eines historisch gewachsenen, äusserst komplizierten Verwaltungsgeflechts entstehen sowohl bei den Organen des Bundes als auch in den Kantonen weitgehend identische Dossiers über ein und dieselbe Person; spezifisch kantonale Akten sind Arbeits- und Verlängerungsgesuche, Gesuche um Kantonswechsel, Unterlagen zur Unterbringung und Betreuung in Asylzentren und Gemeinden. Von zentraler Bedeutung auf Stufe Bund ist zudem das 1973 eingeführte zentrale Ausländerregister (ZAR/AUPER bzw. ZEMIS).
- Internationale Organisation für Migration (IOM): In Zusammenhang mit der Planung und Durchführung von Rückkehrhilfeprogrammen entstehen bei der IOM ebenfalls Dossiers zu Einzelpersonen, die jedoch deutlich weniger aussagekräftig sind als jene des MA.
- Kantone: Eine intensive Zusammenarbeit mit anderen Kantonen besteht u.a. im Rahmen folgender Organe und Gremien: Vereinigung der Kantonalen Migrationsbehörden (www.vkm.ch); Vereinigung der Migrationsämter Ostschweiz und Fürstentum Liechtenstein (www.vof.ch); Asylkoordinatoren der Kantone (KASY); Vollzugskoordinatoren der Kantone.
- Gemeinden: Nebst den Einbürgerungsräten (bei laufenden Einbürgerungsverfahren) sind auf Stufe Gemeinde die Einwohnerämter ausgesprochen wichtige Partner des Migrationsamts. Dies gilt insbesondere bei den Bewilligungsverfahren, bei denen die Einwohnerämter in den meisten Fällen die Gesuche entgegennehmen und Ausweise aushändigen. Zudem übt das Einwohneramt innerhalb der Gemeinde eine koordinierende Funktion gegenüber weiteren involvierten Stellen (z.B. Sozialamt, Betreibungsamt) aus. Der kantonale Fachausschuss der Einwohnerämter wird deshalb auch regelmässig in die Erarbeitung neuer ausländerrechtlicher Grundlagen im Kanton einbezogen, ebenso wie der Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten (VSGP). Letzterer bzw. das von den Gemeinden seit Anfang 2010 gemeinsam betriebene Kompetenzzentrum für Migration und Integration (KOMI) ist zudem im Asylbereich für die Unterbringung in den sanktgallischen Gemeinden und die Erstellung des diesbezüglichen Verteilschlüssels zuständig. Der Trägerverein für Integrationsprojekte (TISG) führt im Auftrag der Gemeinden Zentren (Nothilfezentren sowie seit 2016 ein Zentrum und Wohngruppen für unbegleitete minderjährige Jugendliche) und Berufs-Integrationsprojekte.
Amtsdruckschriften
- Amtsbericht/Geschäftsbericht der Regierung: Der jährliche Rechenschaftsbericht der Regierung ans Parlament enthielt bis 2008 auch eine Kurzberichterstattung des Migrationsamts mit statistischen Angaben in Text- und Tabellenform sowie Hinweisen auf wichtige gesetzliche und verfahrensrechtliche Änderungen. Mit der per Anfang 2009 erfolgten Aufhebung des Amtsberichts entfallen diese Angaben. In den neu eingeführten Geschäftsberichten der Regierung wird die Tätigkeit des Migrationsamts regelmässig dokumentiert. Ausserdem muss der Geschäftsbericht Auskunft über den Ausländerbestand – unter Berücksichtigung der flankierenden Massnahmen für das Freizügigkeitsabkommen – geben.
- Amtseigene Amtsdruckschriften: Keine.
Öffentliche Statistiken
- Kantonale Fachstelle für Statistik: Weiterführung der Zahlenreihen des früheren Amtsberichts, allerdings ohne Angaben zur Anzahl Verfügungen sowie zur Anzahl ausgestellter Pässe (vgl. www.statistik.sg.ch).
- Bundesamt für Statistik (BFS): Zahlreiche Statistiken zur ausländischen Bevölkerung bzw. zu den Themen Migration und Integration (vgl. www.bfs.admin.ch)
Internet
Hilfreiche Kurzeinführungen zu Rechtsgrundlagen, Aufgaben und Organisation im Ausländer-, Asyl- und Ausweiswesen liefern folgende Websites:
- Staatssekretariat für Migration: www.sem.admin.ch
- Migrationsamt St.Gallen: www.migrationsamt.sg.ch
- Ausweisstelle St.Gallen: www.ausweisstelle.sg.ch
Bewertung der organisatorischen Gesamtfunktion
Auch wenn sich der eigene Handlungsspielraum des Migrationsamts seit der Einführung der Personenfreizügigkeit deutlich reduziert hat, bildet es nach wie vor ein Amt von grossem Stellenwert innerhalb des kantonalen Verwaltungsgefüges. Zum einen handelt es sich beim Fremdenpolizeiwesen um einen staatlichen Aufgabenbereich mit langer Tradition und wechselvoller Geschichte; zum anderen ist die Amtstätigkeit in aller Regel von eminenter Bedeutung für die Betroffenen bei gleichzeitig erheblicher Aussenwirkung, d.h. intensiver Wahrnehmung durch Politik und Gesellschaft.
Historische Kriterien
Der Ausländer- und Asylpolitik kommt innerhalb der Gesamtpalette staatlicher Tätigkeiten insofern eine besondere Bedeutung zu, als dass der Staat hier relativ stark und unter Umständen mit weitreichenden Folgen in Grundbedingungen der menschlichen Existenz (Aufenthalt und Niederlassung) eingreift bzw. darüber befindet. Es verwundert deshalb nicht, dass die Geschichte sowohl der Asyl- als auch der Ausländerpolitik der Schweiz immer wieder zum Gegenstand historischer Forschung geworden ist. Dies gilt in ganz besonderem Ausmass für die Rolle der Schweiz und auch des Kantons St.Gallen in der Flüchtlingsfrage zur Zeit von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg, die ab Mitte der 1990erJahre aus den unterschiedlichsten Perspektiven in inzwischen unzähligen Publikationen historisch beleuchtet worden ist.
Die Ausländer- und Asylpolitik gehört aber zweifelsohne bis in die Gegenwart hinein zu den zentralen Themen der schweizerischen Innenpolitik. Immer wieder löste seit den 1980er-Jahren die im europäischen Vergleich grosse Zahl der in der Schweiz lebenden Ausländer und Ausländerinnen heftige, oftmals unter dem Stichwort der "Überfremdung" geführte politische Kontroversen aus, welche sich nicht zuletzt in zahlreichen Initiativen und parlamentarischen Vorstössen auf eidgenössischer wie auch auf kantonaler Ebene manifestierten. Vieles deutet darauf hin, dass der Umgang mit Fremden auch mittel- und langfristig auf der politischen Agenda und im Gefolge davon auch im Fokus der historischen Forschung bleiben wird. Vor diesem Hintergrund ist für die Überlieferungsbildung zu beachten, dass das Fremdenpolizeiwesen zweifellos eine der aussagekräftigsten Schnittstellen zwischen der ausländischen Bevölkerung und dem Staat darstellt.
Rechtliche Kriterien
Sowohl aus Sicht des Staates wie auch aus Sicht der Betroffenen und ihrer Nachkommen besteht ein berechtigtes Interesse an einem minimalen Nachweis über deren Aufenthalt in der Schweiz. Die rechtlich massgebenden Informationen zu Personen mit Ausländer- oder Asylstatus in der Schweiz liegen jedoch bereits auf Stufe Bund vor (ZEMIS); ihre Überlieferung durch das Bundesarchiv ist sichergestellt. Aus rein rechtlicher Sicht drängt sich eine zusätzliche Aufbewahrung von personenbezogenen Unterlagen der kantonalen Ausländerbehörde somit nicht auf. Im Sinne der Kontinuität, der Effizienz und der Transparenz des Verwaltungshandelns dürften für das kantonale Migrationsamt am ehesten die Sammlung der allgemeinen Grundlagen, Richtlinien und Weisungen ("Grundsätzliches") sowie die amtsintern erstellten Statistiken (GESTA) von längerfristigem Interesse sein.
Explizite rechtliche oder administrative Aufbewahrungspflichten und –fristen:
- Rechnungsunterlagen/Buchhaltung: 10 Jahre (in sachgemässer Anwendung von Art. 590, 730c und 747 sowie Art. 957 und 962 des Schweizerischen Obligationenrechts, SR 220, und der eidgenössischen Geschäftsbücherverordnung, SR 221.431)
- Personaldossiers Mitarbeitende: 10 Jahre nach Austritt (in Anlehnung an die Verjährungsfristen nach Art. 24 der Besoldungsverordnung, sGS 143.2, in Verbindung mit Art. 129 bis 142 OR)
- Personendossiers: Keine expliziten Fristen bekannt. Gemäss amtsinterner Praxis des Amts werden Dossiers nach Ausreise, Einbürgerung oder Tod der erfassten Person oder aber, wenn während 5 Jahren keinerlei Aktivität in der amtseigenen elektronischen Dossierverwaltung festgestellt worden ist, auf Status "inaktiv" (abgeschlossen) gestellt und könnten somit aus dem System ausgesondert und der Archivierung oder aber der Kassation zugeführt werden.
- Entscheidsammlung (Verfügungen): Gemäss amtsinterner Praxis gilt eine administrative Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren. Darüber hinaus reichende Aufbewahrungspflichten sind dem Amt keine bekannt. Rekursfälle, bei denen am ehesten ein längerfristiger Bedarf zu vermuten wäre, sind bei den zuständigen Rechtsmittelinstanzen (SJD-Rechtsdienst, Verwaltungsgericht, Bundesverwaltungsgericht) mindestens in ihren Grundzügen ebenfalls nachweisbar.
- Antragsformulare für Identitätskarten: Sind gemäss Anweisung der Bundesbehörden nach Ablauf von 3 Monaten zu löschen.
- Makulaturen Notpässe: Gemäss amtsinterner Praxis Aufbewahrung während 10 Jahren (in Anlehnung an OR).
Vereinbarung
Vereinbarung zwischen dem Staatsarchiv St.Gallen und dem Migrationsamt (SJD) vom April 2018:
Amtsleitung/Administration
- Strategie/Führung, amtsinterne Organisation: Angebotspflicht gegenüber dem Staatsarchiv
- Sitzungsprotokolle: Vernichten
- Vernehmlassungsverfahren (Bund/Kanton): Vernichten
- Rechtsmittelverfahren: Vernichten
- Parlamentarische Vorstösse: Unterlagen zu Motionen/Postulaten : Dauernde Aufbewahrung; Unterlagen zu Interpellationen/Einfachen Anfragen: Vernichten
- Personaldossiers (Mitarbeitende): Auswahl besonderer Fälle: Dauernde Aufbewahrung; übrige Dossiers: Vernichten (10 Jahre nach Austritt aus der Dienststelle)
- Rechnungswesen/Buchhaltung: Vernichten (nach 10 Jahren)
Ausländer- und Asylwesen: Allgemeines
- Allgemeine Grundlagen, Richtlinien, Weisungen ("Grundsätzliches"): Kantonale Provenienz: Dauernde Aufbewahrung; anderweitige Provenienz: Vernichten
- Amtsinterne Statistiken: Dauernde Aufbewahrung
- Personendossiers (Stufe Amt): Zufallsauswahl (nach Vorgaben des Staatsarchivs) (Z): Dauernde Aufbewahrung; Auswahl besonderer Fälle:Dauernde Aufbewahrung; übrige Dossiers: Vernichten; Metadaten aller abzuliefernden Fälle: Dauernde Aufbewahrung
- Entscheidsammlung (Verfügungen): Vernichten (nach 10 Jahren)
Asylwesen
- Personendossiers: Vernichten (nach 2 Jahren)
- Sachakten: Journal, Leitung, Konzepte: Dauernde Aufbewahrung; Betriebsbezogene Fotos, die den Zentrumsalltag illustrieren: Angebotspflicht gegenüber dem Staatsarchiv; Übrige Unterlagen: Vernichten
- Unterbringung und Betreuung in den Gemeinden: Zuteilung der Asylsuchenden nach Gemeinden (Listen/Korrespondenz): Dauernde Aufbewahrung; Soll-Ist-Vergleich nach Gemeinden (Statistiken): Dauernde Aufbewahrung;Mutationsmeldungen: Vernichten
- Rückkehrberatung: Jährliche Tätigkeitsberichte: Dauernde Aufbewahrung; Übrige Unterlagen: Vernichten
Ausweisstelle
- Geschäftskontrollen: Bücher (betr. ausgestellte Pässe, Passverlängerungen, Kinderpässe): Dauernde Aufbewahrung
- Monatsabrechnungen: Vernichten (nach 10 Jahren)
- Makulaturen Notpässe (fehlerhafte Ausstellungen): Vernichten (nach 10 Jahren)
- Verlustanzeigen: Vernichten (nach 10 Jahren)
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Sachakten (30 Jahre)
Ende der Schutzfrist
12/31/2047
Bewilligung
Staatsarchiv
Zugänglichkeit
Archivmitarbeiter/-innen
Physische Benutzbarkeit
Uneingeschränkt