Sicherheitspolizei / Verkehrspolizei / Kriminalpolizei / Regionalpolizei
Titel
Sicherheitspolizei / Verkehrspolizei / Kriminalpolizei / Regionalpolizei
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1964-2016
Existenzzeitraum
1803-
Abkürzungen
Kapo: Sipo, Vepo, Kripo, Repo
Geographische Angaben (Adresse)
Klosterhof 12, 9001 St.Gallen
Rechtsform
Abteilung
Rechtsgrundlagen
Die Tätigkeit der Kantonspolizei stützt sich im Wesentlichen auf folgende Rechtsgrundlagen und normativen Vorgaben:
- Polizeigesetz vom 10. April 1980 (sGs 451.1): "Der Polizeikommandant führt die Kantonspolizei und ist für ihre Aus- und Weiterbildung verantwortlich." (Art. 17).
- Polizeiverordnung vom 2. Dezember 1980 (sGS 451.11).
- Dienstreglement für die Kantonspolizei vom 16. Juni 1987: Das vom Sicherheits- und Justizdepartement gestützt auf Art. 65 der Polizeiverordnung erlassene Reglement besteht aus den Kapiteln "Führungsgrundsätze", "Organisation und Aufgaben" (je Hauptabteilung), "Rechte und Pflichten" sowie den "Schlussbestimmungen".
- Dienstvorschriften der Kantonspolizei.
- Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 311) sowie Nebenstrafgesetze des Bundes (Betäubungsmittelgesetz, Ausländergesetz u.a.).
- Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (SR 312.0): Sie regelt u.a. die Beschaffung von erkennungsdienstlichen Unterlagen bei Strafverfahren (Fotos, Fingerabdrücke, Spuren usw.), die Durchführung der verdeckten Fahndung und die verdeckte Ermittlung.
Für die Tätigkeit der Hauptabteilungen Sicherheitspolizei, Verkehrspolizei, Kriminalpolizei und Regionalpolizei sind weitere folgende Normen bedeutsam:
- Bundesgesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz) vom 25. März 1977 (SR 941.41). Mit zugehöriger Verordnung (Sprengstoffverordnung) vom 27. November 2000 (SR 941.411).
- Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz) vom 20. Juni 1997 (SR 514.54). Mit zugehöriger Verordnung (Waffenverordnung) vom 2. Juli 2008 (SR 514.541).
- Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 16. Dezember 2005 (SR 142.20, abgekürzt AuG). Mit zugehöriger Verordnung vom 18. Dezember 2007 (sGS 45.51) insbesondere Art. 5.
- Strassengesetz vom 12. Juni 1988 (sGS 732.1, abgekürzt StrG), Art. 100-108. Mit zugehöriger Einführungsverordnung vom 20. November 1979 (sGS 711.1), darin besonders Art. 3, Art. 6, Art. 17, Art. 19, Art. 22, Art. 25, Art. 31.
- Verordnung über die Gefängnisse und Vollzugsanstalten vom 13. Juni 2000 (sGS 962.14).
- Verordnung über die Ausübung von Bewachungs-, Ordnungs- und Sicherheitsaufgaben vom 14. Dezember 2004 (sGS 451.14).
- Vereinbarung über die Erfüllung polizeilicher Aufgaben auf dem Gebiet der Stadt St.Gallen vom 19. Mai 2015 (sGS 451.17).
(Amts-)Leitung
Sicherheitspolizei:
1986-2009 Marco Casutt
2009- Harald Düring
Verkehrspolizei:
2004-2010 Josef Hutter
2010- Christian Aldrey
Kriminalpolizei:
- 2014 Bruno Fehr
2014 - Stefan Kühne
Regionalpolizei:
Siegward Rüegg
Behördengeschichte
Bei der Kantonspolizei St.Gallen lässt sich die Entstehung von spezialisierten Einheiten bis ins Jahr 1919 zurückverfolgen. Was beispielsweise heute die grundlegenden Arbeiten der Kriminalpolizei sind, wurde um 1919 in der Abteilung Erkennungsdienst durch die Mitarbeitenden des Zentralpostens erledigt. Später benannte man die Abteilung in Kriminaltechnischer Dienst (KTD) und dann in Forensische Chemie- und Technologie (FCT) um. Zu den Aufgaben zählten damals wie heute die Dokumentation von- und die Spurensicherung bei kriminalpolizeilichen Tatbeständen.
Um 1950 entstand das Detektivbüro, der Vorläufer des heutigen Spezialdienstes. Die Abteilung Innenfahndung hat ihren Ursprung in der Dienststelle DK-Registratur, die erstmals 1968 im Organigramm auftaucht. Die Betäubungsmittelabteilung folgte 1971. Kurz drauf begann sich die Kripo auch um Fahrzeugdelikte (1978) und Wirtschaftsdelikte (1979) zu kümmern. Die Beratungsstelle für Verbrechensverhütung kam 1985 hinzu.
Die Verkehrspolizei entstand relativ spät. Obwohl es um 1945 im Kanton St.Gallen bereits 20'000 registrierte Motorfahrzeuge gab, kümmerte sich erst in den 1950er-Jahren eine besondere Patrouille (Verkehrspatrouille) um den Verkehr. Auch mit der Einführung der Verkehrserziehung, deren Ursprung ebenfalls in den 50er-Jahren zu suchen ist, versuchte man Herr der Lage zu werden. Eine Verkehrsabteilung erscheint im Korpsetat aber erst 1972. Mit dem Inkrafttreten des Strassenverkehrsgesetztes (SVG) im Jahre 1958 nahmen neben dem Verkehr auch die Gesuche für Verkehrsbeschränkungen stark zu. Anfang 1989 wurde die Verkehrsabteilung in die Dienststelle Verkehrstechnik umgewandelt und in den ebenfalls damals neu geschaffenen Dienstzweig Verkehrspolizei integriert. Erst 1992 schuf man mit der Dienststelle Verkehrsinstruktion eine eigene Abteilung. Im Jahr 2005 erfolgte die Umgestaltung der Verkehrspolizei zu einem Fachdienst. Die mobilen Einsatzkräfte und somit auch die autobahnpolizeilichen Aufgaben wechselten zur Regionalpolizei.
Die Hauptabteilung Sicherheitspolizei (heute mit den drei Abteilungen Sicherheitspolizei-Einsatz, Haftzentrum St.Gallen und Sicherheitsfirmen-Waffen-Sprengstoff) existiert seit 1975. Der Dienstzweig Sicherheitspolizei-Ausbildung (heute Sipo-Einsatz) erfuhr dabei seine Gründung 1976. Was seit 2014 als Haftzentrum St.Gallen in der Organisationsstruktur der Sipo zu finden ist, wurde 1960 unter dem Begriff Bereitschaftsdienst eingeführt.
Die Abteilung Sicherheitsfirmen – Waffen – Sprengstoff wurde 1981 unter dem Namen "Fachstelle Sprengstoff" geschaffen. Mit der Einführung des eidgenössischen Waffengesetzes 1999 erfolgte die Erweiterung der Fachstelle Sprengstoff um das Thema Waffen. Im Jahre 2006 wurde die gesetzliche Grundlage geschaffen wonach private Sicherheitsfirmen und Mitarbeitende solcher Firmen durch die Polizei bewilligt werden müssen. Eine Umbenennung der Abteilung erfolgte jedoch erst im Jahre 2014.
Die Anfänge der Regionalpolizei sind in der 1975 geschaffenen Landorganisation zu suchen. Damals wurden nach einer umfassenden Reorganisation die polizeilichen Aufgaben auf dem Kantonsgebiet erstmalig in einer eigenen Abteilung zusammengefasst. Zuvor kümmerten sich über das ganze Kantonsgebiet verteilte Polizisten, die für ihre Arbeit ihre Wohnungen zur Verfügung stellten, um diese Aufgaben. Die Landorganisation mit elf Polizeibezirken unterhielt in sechs Regionen 65 Stationen (Regionen: St.Gallen-Rorschach, Rheintal, Oberland, Gaster-See, Toggenburg und Fürstenland).
Eine tiefgreifende Reorganisation der Landorganisation erfolgte 1997 während der
Amtszeit des Chefs Regionalpolizei Norbert Städler (1997-2001). Die dezentrale Struktur wurde zugunsten zentral koordinierter Polizeieinsätze mit mobilen, regional organisierten Patrouillen verkleinert. Mit den Neuerungen einhergehend fand auch eine Namensänderung von Landorganisation in Regionalpolizei statt. Heute umfasst die Regionalpolizei vier Polizeistützpunkte mit 26 Stationen.
Tätigkeitsbereich (Behördenkompetenzen)
Zu den gemeinsamen Aufgaben der vier Hauptabteilungen gehören:
- Die Tatbestandsaufnahme und die Unfallsachbearbeitung.
- Unterstützung der Strafuntersuchungsorgane bei der Abklärung und Untersuchung von Straftatbeständen.
- Der Betrieb der Gefängnisse.
- Die Überwachung und Kontrolle des Strassenverkehrs und der Strassenverkehrseinrichtungen.
- Die polizeiliche Grundversorgung.
Die einzelnen Hauptabteilungen erfüllen dabei folgende Spezialaufgaben:
Kriminalpolizei:
- Kümmert sich um Spurensicherung, Ermittlungen und Fahndung in Kriminalfällen, insbesondere bei schweren Straftaten oder komplexen Tatbeständen.
- Ablage, Verwaltung und Aufbewahrung der tatbestands- und personenbezogenen Akten.
- Allgemeine Kriminalitätsbekämpfung.
Verkehrspolizei:
- Ist zuständig für den Erlass von Verkehrsanordnungen.
- Bewilligt Veranstaltungen.
- Erteilt Verkehrsunterricht.
- Führt das Ordnungsbusenwesen.
- Analysiert Verkehrsunfälle und unterbreitet Vorschläge, um Unfallgefahren abzubauen.
Sicherheitspolizei:
- Kümmert sich um die taktische Aus- und Weiterbildung des Korps.
- Sorgt für die spezielle Ausbildung der Mitglieder der Interventionseinheit.
- Ist die Fachstelle für Planung von Ordnungsdiensteinsätzen z.B. bei Sportveranstaltungen oder anderen Grossanlässen.
- Ist die dezentrale Fachstelle für Hooliganismus.
- Ist Bewilligungsinstanz für Waffen-, Sprengstoff- und Sicherheitsfirmen-Angelegenheiten.
Regionalpolizei:
- Sie stellt den Vollzug der Massnahmen in den Fachbereichen Ausländerrecht und Häusliche Gewalt sowie die Qualitätskontrolle und die Aktenführung im Bereich vermisster Personen sicher.
- Führt und koordiniert die Schengen-Dublin-Ausgleichsmassnahmen im Grenzinnenraum.
Administrative Strukturen
Organisatorisch werden die Hauptabteilungen der Kantonspolizei jeweils von einem Chef geführt, der direkt dem Polizeikommandanten unterstellt ist.
- Die Kriminalpolizei besteht heute aus dem Leiter Kriminalpolizei, der von einem Sekretariat und einem Fachsekretariat unterstützt wird, und den vier Leitungsstellen "Ermittlungsdienste", "Stadtorganisation", "Forensische Chemie und Technologie" und "Ermittlungsunterstützung".
- Die Verkehrspolizei ist gegliedert in die Abteilungen "Verkehrsinstruktion", "Technischer Verkehrszug" und "Verkehrstechnik".
- Die Hauptabteilung Sicherheitspolizei besteht seit 2014 aus den Abteilungen "Sicherheitspolizei-Einsatz", dem "Haftzentrum St.Gallen" und der Abteilung "Sicherheitsfirmen – Waffen – Sprengstoff".
- Der Regionalpolizei gehört rund die Hälfte aller Mitarbeitenden der Kantonspolizei St.Gallen an. Sie ist somit die grösste Hauptabteilung. Organisatorisch gliedert sich die Regionalpolizei in vier Polizeiregionen (Bodensee-Rheintal, Werdenberg-Sarganserland, Linthgebiet-Toggenburg, Fürstenland-Neckertal), in welcher vier Polizeistützpunkte und 26 Polizeistationen untergebracht sind. Dem Leiter Sonderaufgaben weiter unterstellt sind sämtliche Gefängnisse (Flums, Uznach, Gossau und die beiden Ausschaffungsgefängnisse Widnau und Bazenheid) mit Ausnahme der Untersuchungsgefängnisse am Standort St.Gallen (Karlstor und Neugasse). Geführt werden diese aber in den einzelnen Regionen.
Parallelüberlieferungen
Eine Auswahl:
Kantonspolizei
- Kommando: Kümmert sich um rechtliche und organisatorische Grundlagen. Wöchentlich findet eine Sitzung der Hauptabteilungsleiter mit dem Kommandanten (Lagerapporte) statt.
- Stab: Führt u.a. die Personaldossiers.
- Hauptabteilung Support: Eingehende Notrufe werden in ELIS erfasst und gelan-gen von dort ins IPS. Weiter ist die Hauptabteilung Support für sämtliche Ausrüstungsgegenstände verantwortlich.
Sicherheits- und Justizdepartement
- Amt für Justizvollzug: Sämtliche Strafvollzugsakten werden federführend im Amt für Justizvollzug aufbewahrt.
- Strassenverkehr- und Schifffahrtsamt: Die Kantonspolizei St.Gallen besitzt keine Seepolizei. Das Strassenverkehr- und Schifffahrtsamt sorgt für die Überwachung der Gewässer. Ausserdem werden sämtliche Unterlagen zu Administrativmassnahmen (Vergehen im Strassenverkehr) in der Applikation des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts geführt.
Staatsanwaltschaft / Gerichte
- Staatsanwaltschaft: Erhält die vollständigen Falldossiers inklusive sämtlichen Beweismaterials in allen Fällen (auch in SIWAS-Fällen).
- Gerichte: Kommt es zu einer gerichtlichen Verhandlung, gehen die entsprechen-den Falldossiers auch an die zuständigen Gerichte über.
Interkantonale Zusammenarbeit: Zahlreich sind die Partnerschaften auf interkantonaler und grenzübergreifender Ebene. Als Beispiel von besonderer Bedeutung sei hervorgehoben:
- Ostschweizer Polizeikonkordat OPK (Ostpol): Zweck des Konkordats ist die Koo-peration und Koordination der Ausbildung, Ausrüstung, Einsatztaktik sowie der technischen Weiterentwicklung und der Aufgabenbewältigung. Ausserdem unterstützen sich die Mitglieder gegenseitig bei grösseren Ereignissen. Das Führungsgremium des Konkordats ist die Polizeikommandantenkonferenz. Innerhalb der am Ostschweizer Polizeikonkordat beteiligten Kantone (TG, AI, AR, GR, GL, SH, FL) ist die Hauptabteilung Kriminalpolizei der KAPO St.Gallen zuständig für Analyse und Beurteilung von sichergestelltem Spurenguts.
- Grenzwachtkorps: Regionalpolizei und Grenzwachtkorps unterstützen sich bei ihren Tätigkeiten gegenseitig. Diese Zusammenarbeit wird durch eine Verwaltungsvereinbarung geregelt.
Bewertung der organisatorischen Gesamtfunktion
Bei den Hauptabteilungen der Kantonspolizei handelt es sich um zentrale und traditionsreiche Dienststellen, die mit ihrer Tätigkeit essentielle rechtsstaatliche Aufgaben erfüllen. Seit der Kantonsgründung ist die Polizei fester Bestandteil des kantonalen Verwaltungsapparates. In ihrer Grundfunktion kümmern sich die Hauptabteilungen um die allgemeine Sicherheit und die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung. Ihre organisatorische Wichtigkeit innerhalb der kantonalen Verwaltung zeigt sich nicht zuletzt auch in der grossen Anzahl Mitarbeitender.
Kantonspolizeiintern nehmen die Hauptabteilungen Kriminalpolizei, Verkehrspolizei und Sicherheitspolizei die Rolle von Fachdiensten mit Querschnittsaufgaben und Ausbildnern ein. Im Gegensatz dazu kümmert sich die Hauptabteilung Regionalpolizei um die "eigentliche", alltäglich anfallende Polizeiarbeit. Die Fachdienste werden jeweils nur einsatzunterstützend hinzugezogen.
Historische Kriterien
Ein wesentliches, seit jeher zentrales Element von Staatlichkeit liegt im Gewaltmonopol. Von diesem Monopol macht der Staat u.a. durch den Einsatz der Polizei in der Strafverfolgung, im Strafverfahren und im verwaltungsrechtlichen Ordnungsdienst Gebrauch. Neben der – in der Schweiz nur im Kriegsfall zum Einsatz kommenden Armee – trägt das Polizeiwesen dieses staatliche Gewaltmonopol. In einem demokratischen Rechtsstaat steht die Polizei dabei in einem Spannungsverhältnis zwischen ihrer Rolle als publikumsorientierter "Bürgerpolizei" einerseits, und ihrer Rolle als einer der Gesetzgebung verpflichteten Sicherheitsbehörde andererseits. Es ist nicht zuletzt die Polizei als "Arm des Gesetzes", wo das Individuum ganz konkret mit der häufig als abstrakt wahrgenommene Staatsgewalt konfrontiert wird.
Nichtsdestotrotz fristet die – zumal professionell betriebene – Polizeigeschichte ein Schattendasein. Ein Grund mag u.a. in der fast ausschliesslich negativen – teils ideologisch geprägten – Neubewertung der Polizeigeschichte liegen. Zudem folgt die Polizeigeschichtsschreibung methodisch noch weitgehend dem klassischen Muster der Ereignis- und Institutionen- bzw. Organisationsgeschichte. Gemäss Karl Ebnöther findet in der schweizerischen Polizeihistoriographie eine Neuorientierung der Vorgehensweise, die sich einer Vielzahl von Untersuchungsperspektiven öffnet und insbesondere sozial-, alltags- und mentalitätsgeschichtliche Aspekte integriert, erst in jüngster Zeit und nur zögerlich statt. Historikerinnen und Historiker interessieren sich zwar zunehmend für den Alltag des vollzugspolizeilichen Handelns und die Reaktion der Betroffenen, die entsprechenden Untersuchungen verstehen sich allerdings zumeist als Beiträge zur sog. Historischen Kriminalitätsforschung, mit der die Polizeigeschichte eng verbunden ist. Die meisten Untersuchungen stützten sich denn auch primär auf Gerichtsakten, bei welchen polizeiliche Unterlagen ein wesentlicher Bestandteil sein können.
Auch wenn die von Karl Ebnöther im Zusammenhang mit den diversen 200-Jahr-Jubiläen der kantonalen Polizeikorps erwartete "Hochkonjunktur in der Polizeigeschichtsschreibung" bislang nicht eintrat und die Institutionengeschichte derzeit keinen Forschungstrend darstellt: Der Polizei als Trägerin des Gewaltmonopols muss bei der staatlichen Überlieferung konsequenterweise eine zentrale Bedeutung zukommen.
Literatur:
- Ebnöther, Karl: Polizeigeschichte in der Schweiz, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, 4 (1995), S. 458-489; vgl. auch die ausführlichen bibliographischen Angaben zum St.Galler Korps.
- Kantonspolizei St.Gallen (Hg.): 200 Jahre Kantonspolizei St.Gallen 1803-2003, St.Gallen 2003 (greifbar u.a. in der Forschungsbibliothek des Staatsarchivs).
Rechtliche Kriterien
Die Kantonspolizei kümmert sich in ihrer Funktion um die Einhaltung von Recht und Ordnung. In ihrem Tun und Handeln ist sie neben dem Polizeigesetz stark an das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung gebunden.
- Bei der Erfassung der polizeilichen Vorgänge hat die Kantonspolizei die Lauf- und Löschfristen gemäss Art. 14ff. der Verordnung über das Informationssystem der Kantonspolizei (sGS 451.12) zu beachten.
- Die Löschfristen für Daten, die im Informationssystem der Kantonspolizei geführt werden, sind in der Verordnung über das Informationssystem der Kantonspolizei (sGS 451.12) vom 16. Mai 2006 geregelt, sie belaufen sich in der Regel auf fünf bis zehn Jahre.
- Daten betreffend Bewilligung zur Ausübung von Bewachungs-, Ordnungs- und Sicherheitsaufgaben werden nach 10 Jahre oder ein Jahr nach Aufgabe des Geschäfts kassiert (sGS 451.14).
- Waffen- und Sprengstoffdaten genau wie Daten betreffend Bewilligung von Sportveranstaltungen werden so lange aufbewahrt, bis kein Interesse mehr daran besteht (SR 514.5 und SR 941.5, sGS 451.51).
- Verfügungen betreffend Verkehrsanordnung und Signalisation werden erst vernichtet, wenn sie durch eine neue Verfügung abgelöst werden.
- Fahndungsdaten (Fahndungsauftrag, Fahndungsgrund, Ausschreibungsdaten), wie tatbestandsbezogene Datenmüssen müssen spätestens mit Eintritt der Verfolgungsverjährung oder gemäss der deliktspezifischen Laufzeit gelöscht werden (Strafgesetzbuch, Art. 25 Abs. 2).
- Sipo-Ausbildungsbefehle werden während 10 Jahren aufbewahrt. Bei besonderen Vorfällen im Einsatz gewährleisten die Aufgebote eine Rückverfolgbarkeit von Aus- und Weiterbildungen.
Vereinbarung
Gemäss der Vereinbarung zwischen der Kantonspolizei und dem Staatsarchiv vom März 2017 werden folgende Unterlagen vom Staatsarchiv dauernd aufbewahrt:
- Bewilligungen für Sicherheits- und Überwachungsfirmen
- Statistiken: Statistik zur Kriminalität, zum Verkehr, über Häusliche Gewalt, Sipo-Einsätze und SIWAS-Themen.
- Broschüren aus dem Sicherheitsberatung: Broschüren zu verschiedenen kriminalpolizeilichen Präventionsthemen.
- Schweizerischer Polizeianzeiger
- Ostschweizer Polizeianzeiger
- Unterlagen zur Verkehrsschulung/Verkehrsinstruktion
Nach Ablauf allfälliger rechtlicher Aufbewahrungsfristen bzw. der internen Gebrauchsdauer werden aufgrund ihrer fehlenden längerfristigen Bedeutung rechtlicher, administrativer oder historischer Art folgende Unterlagen der sachgerechten Vernichtunq zugeführt:
- Fallakten: Die Fallakten gehen zur weiteren Bearbeitung an die Staatsanwaltschaft über, dort werden sie vom Staatsarchiv in Auswahl übernommen und archiviert.
- Registerdaten (Daten IPS): Durch die zufällige Auswahl von Akten bei der Staats-anwaltschaft und den Gerichten ist für eine Überlieferung von Fällen gesorgt. Zudem werden die Statistiken zur Kriminalität und den Verkehrsunfällen ebenfalls archiviert. Somit erübrigt sich die Archivierung der Registerdaten.
- Ordnungsbussen: Können nach Erledigung (digitale Verarbeitung), im Falle der Bussenblöcke nach einer 10-jährigen Aufbewahrungsfrist vernichtet werden.
- Bewilligungen für Veranstaltungen und Reklamen: Wenn kein Bedarf mehr.
- Verfügungen zu Verkehr und Signalisation: Verfügungen zum Verkehr werden im Amtsblatt publiziert. Zusätzlich werden diese von der Kantonspolizei resp. von den Gemeinden so lange aufbewahrt, bis sie an Gültigkeit verlieren.
- Verfügungen, Bewilligungen und Rekurse zu den Themen Waffen und Sprengstoff
- Gefangenenmanagementdaten GINA
- Sipo-Aufgebote Ausbildungsbefehle: Bei den Aufgeboten existiert seitens Sipo ein Rückgriffbedarf (inkl. zugehörige Kursinhalte) während 10 Jahren. Nach Ablauf dieser amtsinternen Aufbewahrungsfrist können die Aufgebote kassiert werden.
- Sipo-Ausbildung Kursdossiers: Auf eine Archivierung der Kursdossiers kann verzichtet werden, da diese den von der Schweizerischen Polizeischule Neuenburg herausgegebenen Ausbildungsunterlagen entsprechen.
- Sipo-Einsatzbefehle: Aufgebote zum Ordnungsdienst können nach der amtsinternen Aufbewahrungsdauer kassiert werden.
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Sachakten (30 Jahre)
Ende der Schutzfrist
12/31/2046
Bewilligung
Staatsarchiv
Zugänglichkeit
Archivmitarbeiter/-innen
Physische Benutzbarkeit
Uneingeschränkt