Kantonsarztamt
Titel
Kantonsarztamt
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1979-2010
Existenzzeitraum
1931-
Synonyme
Kantonsärztlicher Dienst / Suchthilfe / Maria Magdalena
Kantonsarzt
Beauftragter für Suchtfragen bzw. Suchtbeauftragter
Geographische Angaben (Adresse)
Oberer Graben 32, 9001 St.Gallen
Rechtsform
Abteilung
Rechtsgrundlagen
Die wichtigsten Rechtsgrundlagen sind (Stand September 2011):
- Bundesgesetz über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, SR 818.101) und Verordnung über die Meldung übertragbarer Krankheiten des Menschen (SR 818.141.1)
- Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe (SR 811.11): Art. 41
- Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (SR 812.121)
- Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung (SR 810.11) sowie deren Fortpflanzungsverordnung (SR 810.112.2)
- Kantonales Gesundheitsgesetz (sGS 311.1), Art. 8
- Kantonales Suchtgesetz vom 14. Januar 1999 (sGS 311.2)
- Kantonale Vollzugsverordnung zur eidgenössischer Gesetzgebung über übertragbare Krankheiten (sGS 313.1), Art 2.
- Kantonale Verordnung über die Ausübung der medizinischen Berufe (sGS 312.0): Art. 27
- Kantonale Verordnung über die Kostenübernahme bei ausserkantonalem Spitalaufenthalt (sGS 331.539), Art. 3
- Kantonale Vollzugsverordnung zur Bundesgesetzgebung über die Betäubungsmittel (sGS 314.5): Art. 3
- Regierungsbeschluss zur eidgenössischen Verordnung über die Einschränkung der Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (sGS 331.112)
- Regierungsbeschluss zur Schaffung einer kantonalen Kommission für Drogen- und Aidsfragen vom 19. Juni 1990 (RRB 1093)
(Amts-)Leitung
- 2016 Dr. med. Markus Betschart (Suchtbeauftragter: Herbert Bamert)
2017- Dr. med. Danuta Reinholz
Behördengeschichte
Die Stelle eines Kantonsarztes wurde 1931 durch die kantonale Verordnung zu Massnahmen gegen die Tuberkulose geschaffen. Bis 1930 hatten sämtliche amtsärztlichen Aufgaben im Kompetenzbereich der einzelnen Bezirksphysikate (Bezirksärzte) sowie – als Kontroll- und übergeordnete Instanz – bei der kantonalen Sanitätskommission gelegen. Der Kantonsarzt erledigte seine Aufgaben in den ersten Jahren im Nebenamt, da er in Personalunion hauptamtlich als Aktuar der Sanitätskommission angestellt war. Beide Dienststellen (Aktuar der Sanitätskommission und Kantonsarzt) waren zuerst dem Volkswirtschaftsdepartement angegliedert. Von 1939-1942 gehörten sowohl das Sanitätskollegium wie auch der Kantonsarzt zum Departement des Innern. 1942 wurden schliesslich beide Behörden dem Sanitätsdepartement (Gesundheitsdepartement / GD) zugeteilt. Bis 1986 gehörte der Kantonsarzt bzw. der kantonsärztliche Dienst – auch nach der Auflösung der Sanitätskommission – zum Generalsekretariat des GD. 1987/88 wurde die Dienststelle direkt dem Departementsvorsteher unterstellt und 1997/98 schliesslich zur eigenständigen Amtsstelle (inkl. Spitex) erhoben. 2004 wurde die Gesundheitsvorsorge (Präventivmediziner) ebenfalls ins Kantonsarztamt integriert. 2008 wurde das Kantonsarztamt wieder aufgelöst, wobei der kantonsärztliche Dienst mit Suchthilfe, Maria Magdalena und Spitex dem Generalsekretariat des GD unterstellt wurden.
Mit dem Regierungsbeschluss 1990/1093 hatte die Regierung eine "Kantonale Kommission für Drogen- und Aidsfragen" eingesetzt. Diese Fachkommission resp. das Fachsekretariat wurde dem Amt für Gesundheitsvorsorge angegliedert. 1998 wurde die Dienststelle aufgehoben und durch die neue Abteilung "Sucht und Sexual Health" ersetzt. Ebenso wurde neu die Funktion des Beauftragten für Suchtfragen geschaffen. Die "Kantonale Drogen- und Aidskommission" ist seither inaktiv, wurde jedoch offiziell nie aufgelöst. Im Jahr 1998 wurde das Projekt "Maria Magdalena – Beratungsangebot für Frauen im Sexgewerbe" gestartet und im Jahr 2000 in die Abteilung "Sucht und Sexual Health" integriert. "Maria Magdalena – Beratungsangebot für Frauen im Sexgewerbe" ist administrativ dem kantonsärztlichen Dienst bzw. dem dort tätigen Suchtbeauftragten unterstellt.
Tätigkeitsbereich (Behördenkompetenzen)
Der Kantonsärztliche Dienst berät die Vorsteherin des Gesundheitsdepartements und weitere Dienststellen in Fragen von Gesundheit und Krankheit. Er ist verantwortlich für die Umsetzung der eidgenössischen Gesetze, insbesondere in den Bereichen übertragbare Krankheiten, straflose Schwangerschaftsunterbrechung ("Abtreibung" / "Fristenlösung") und Betäubungsmittel ("Drogen"). So stellt er beispielsweise Bewilligungen für die Verschreibung, Abgabe und Verabreichung von Betäubungsmitteln zur Substitutionsbehandlung von opiatabhängigen Personen aus.
Er erteilt Bewilligungen für Assistenzen und Stellvertretungen von Ärztinnen/Ärzten und Zahnärztinnen/Zahnärzten und überwacht die Berufsausübung der Ärztinnen/Ärzte sowie der Zahnärztinnen/Zahnärzte.
Der Kantonsärztliche Dienst beurteilt Gesuche zur ausserkantonalen Hospitalisation, sorgt für die Koordination im Rettungswesen und beteiligt sich an der Katastrophenorganisation. Er wirkt im Weiteren in diversen Fachgremien in beratender Funktion mit.
Im Bereich Sucht setzt der Beauftragte für Suchtfragen die auf dem Vier-Säulen-Modell des Bundes abgestützte Suchtpolitik auf kantonaler Ebene um. Er ist u.a. für die administrative Leitung von "Maria Magdalena - Beratungsangebot für Frauen im Sexgewerbe " verantwortlich.
Administrative Strukturen
Dem Kantonsarzt sind ein Stellvertreter und zwei Sachbearbeiterinnen für die Fachbereiche Meldewesen, Epidemiologie, übertragbare Krankheiten sowie Sekretariatsarbeiten unterstellt. Im Weiteren steht er dem Suchtbeauftragten und einer Sachbearbeiterin für den Sucht-Bereich vor. Administrativ zugeordnet sind ausserdem vier Mitarbeitende im "Beratungsangebot für Frauen im Sexgewerbe Maria Magdalena". [Stand September 2011]
Parallelüberlieferungen
Entsprechend seiner vielfältigen Aufgabe pflegt der kantonsärztliche Dienst die Zusammenarbeit mit zahlreichen andern Dienststellen. Zu den wichtigsten Partner zählen (Auswahl):
- GD-Amt für Gesundheitsversorgung und GD-Personaldienst: Unterlagen zur Spitalplanung, Leistungsaufträge der Spitalregionen, Bauvorhaben, Anschaffungs- und Personalbegehren (Federführung bei Gesundheitsversorgung)
- GD-Amt für Gesundheitsvorsorge: Unterlagen zur "Primärprävention" im Drogenbereich, d.h. zur frühzeitigen Vermeidung des Drogenkonsums (Informationsbroschüren für Schüler und Jugendliche, Unterlagen zu einzelnen Präventionsprojekten aus dem Bereich der "1. Säule" der nationalen Drogenpolitik; Federführung beim GD-Amt für Gesundheitsvorsorge)
- GD-Rechtsdienst: Gesuche und Bewilligung (und allenfalls Entzüge) für die Zulassung von Ärzten und Zahnärzten zur Berufsausübung (Federführung bei GD-Rechtsdienst)
- GD-Rechtsdienst: Unterlagen zur Aufsicht über die Amtsärzte (Federführung bei GD-Rechtsdienst, da dieser die Beschwerden ganzheitlich bzw. abschliessend bearbeitet)
- SJD-Amt für Militär und Zivilschutz: Unterlagen zur Zusammenarbeit mit dem Zivilen Kantonalen Führungsstab an der Katastrophenorganisation/-hilfe und an der Gesamtverteidigung/GRAL im Kanton St. Gallen (Federführung beim SJD-AfMZ)
- Polizei, Feuerwehr, Spitalregionen und zivile Rettungsdienste: Teilkonzepte (Szenarien) für die Bewältigung bestimmter Ereignisse wie Verkehrsunfälle, Grossbrände, Explosionen, Naturkatastrophen, Verstrahlung etc. (Federführung bei den Sicherheitsdiensten und Spitalregionen)
- Diverse Fachgremien (Beisitz, keine Federführung) wie Betriebskommission Kantonale Notrufzentrale (Kantonspolizei), Arbeitsgruppe ABC-Schutz (Amt für Militär und Zivilschutz), Amtsärzte Bodensee/Hochrhein, Vorstand Krebsliga, Stiftungsrat Blutspendedienst, Stiftung Suchthilfe, Fachgruppe Suizidprävention etc.: Protokolle
- (Aussen-) Dienststelle Maria Magdalena: Personendossiers zu den einzelnen Prostituierten / Frauen im Sexgewerbe (Diese Dossiers werden gemäss Absprache mit der kantonalen Fachstelle für Datenschutz jeweils zwei Jahre nach Abschluss kassiert.)
Bewertung der organisatorischen Gesamtfunktion
Beim kantonsärztlichen Dienst handelt es sich um eine typische Dienststelle mit Stabsfunktion. Dem Dienst kommen – mit Ausnahme des Fachbereichs Gesundheitspolizei (primäre Seuchenbekämpfung in Ausnahmefällen) – in erster Linie ausführende (Bundesrecht) und koordinierende Aufgaben zu, weniger jedoch eine konzeptionelle Rolle.
Historische Kriterien
Die Unterlagen aus dem Bereich des Melde- und Bewilligungswesens der Dienststelle (übertragbare Krankheiten, Betäubungsmittel, Schwangerschaftsabbrüche etc.) dürften in der Forschung auf den ersten Blick auf einiges Interesse stossen, da das staatliche Handeln in diesen Themenbereichen gesellschaftspolitisch umstritten ist. Bezogen auf die Unterlagen der Dienststelle zu diesen Themen stellt sich jedoch einerseits das Problem, dass die Einzelunterlagen (Meldeformulare) nur wenige, zum Teil anonymisierte Angaben zu den einzelnen Personen enthalten. Auf der anderen Seite werden alle Daten in eine Datenbank des Bundes übermittelt, was eine statistische Auswertung auf dieser Ebene grundsätzlich möglich macht. Aus diesen Gründen macht es wenig Sinn, die einzelnen Meldeformulare aufzubewahren. Die historische Bedeutung der Aufgaben im Bereich des Krankenversicherungswesens (Kostengutsprachegesuche für ausserkantonale Behandlungen) ist als gering zu veranschlagen.
Mit Blick auf die Nachvollziehbarkeit des staatlichen Handelns sind jedoch jene Protokollserien von Kommissionen und Fachärztekonferenzen aufzubewahren, in welchem der Kantonsarzt eine leitende Rolle wahrnimmt.
Für die historische Forschung interessant sind Unterlagen aus dem Fachbereich Suchtfragen ("Sekundärprävention", d.h. Massnahmen für Menschen, die bereits Drogen konsumiert haben, also rückfallverhütende und rehabilitierende Massnahmen) sowie Maria Magdalena, denn sie berühren Themen von erheblicher gesellschaftspolitischer Relevanz (Drogenmissbrauch, Prostitution, Prävention gegen übertragbare Krankheiten etc.).
Rechtliche Kriterien
Mit der heute immer üblicheren Zunahme von Brüchen im Erwerbsleben wird die Bedeutung des Nachweises früherer Ausbildungen, d.h. die Nachfrage nach Diplombestätigungen, zunehmen. Aus diesem Grund sind Resultate der Abschlussprüfungen bzw. Zeugnisse der Naturheilpraktiker-Prüfungen (1995–2007) zu übernehmen.
Vereinbarung
Vereinbarung vom Februar 2012:
Dauernde Aufbewahrung:
- Naturheilpraktiker: Abschlussdiplome, Schlusszeugnisse
- Kommissionen und Fachärztekonferenzen mit Leitung bzw. Federführung durch Kantonsarzt: Protokolle
- Unterlagen zur "Sekundärprävention" aus dem Bereich des Suchtbeauftragen: Flyer, Broschüren, Berichte, Statistiken aus dem Bereich der "Sekundärprävention" auf kantonaler Ebene
- Beratungsangebot für Frauen im Sexgewerbe "Maria Magdalena": Protokolle aus Teamsitzungen des Suchtbeauftragten mit Streetworkerinnen, einzelne Flyer und Broschüren
Anbietepflicht:
- Drogenproblematik und AIDS/HIV-Themen (zum Teil von der ehemaligen "Kantonalen Kommission für Drogen- und Aidsfragen" übernommene ältere Unterlagen aus den 1980-er und 1990-er Jahren): Flyer, Broschüren, Berichte etc.
Vernichtung nach Ermessen der Dienststelle:
- Kostengutsprachegesuche für ausserkantonale Behandlungen nach Krankenversicherungsgesetz KVG
- Methadonbewilligungen
- Naturheilpraktiker: Übrige Prüfungsunterlagen
- Schwangerschaftsabbrüche: Meldungen
- Übertragbare Krankheiten: Meldungen
- Kommissionen und Fachärztekonferenzen ohne Leitung bzw. Federführung durch den Kantonsarzt: Protokolle
- Allgemeine Korrespondenz (u.a. Beschwerden, Anfragen)
- Unterlagen zur "Sekundärprävention" aus dem Bereich des Suchtbeauftragen: Statistiken aus dem Bereich der "Sekundärprävention" auf regionaler Ebene
- Beratungsangebot für Frauen im Sexgewerbe "Maria Magdalena": Spesenbelege der Streetworkerinnen für Einsätze vor Ort
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Sachakten (30 Jahre)
Ende der Schutzfrist
12/31/2040
Bewilligung
Staatsarchiv
Zugänglichkeit
Archivmitarbeiter/-innen
Physische Benutzbarkeit
Uneingeschränkt