Stiftsarchiv
Titel
Stiftsarchiv
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
2001-2003
Existenzzeitraum
1825-
Abkürzungen
StiASG
Geographische Angaben (Adresse)
Regierungsgebäude, 9001 St.Gallen
Rechtsform
Amt
Rechtsgrundlagen
Die wichtigste Grundlage für die Tätigkeit des Stiftsarchivs bildet die Übereinkunft betreffend das Eigentum und die Verwaltung des Stiftsarchivs St.Gallen vom 2. Juni 1953 (sGS 271.3).
(Amts-)Leitung
1826-1834: Anton Henne
1834-1856: Karl Wegelin
1860-1880: Wilhelm Eugen von Gonzenbach
1880-1891: Gustav Scherrer
1891-1892: Otto Henne
1892-1903: Johannes Bohl
1903-1933: Joseph Müller
1933-1968: Paul Staerkle
1968-1979: Franz Perret
1978-2002: Werner Vogler
2002-2009: Lorenz Hollenstein
Seit 2009: Peter Erhart
Behördengeschichte
Das Stiftsarchiv war von 770 bis 1805 das Archiv der Benediktinerabtei St.Gallen. 1805 wurde der Besitz des Klosters auf Beschluss des Grossen Rats des zwei Jahre zuvor entstandenen Kantons St.Gallen liquidiert und die Abtei (seit 1207 im Rang einer Fürstabtei) damit aufgehoben. Deren Urkunden, Akten und Bücher wurden zunächst Teil des 1803 neu gegründeten Staatsarchivs St.Gallen. 1813 wurde der Katholische Konfessionsteil des Kantons St.Gallen gegründet, mit der Verwaltung des geistlichen ("katholischen") Erbes des Klosters betraut und mit Vermögenswerten der ehemaligen Fürstabtei ausgestattet. Auch nach Inkrafttreten der Kantonsverfassung von 1814 und des Ausführungsgesetzes von 1816 schien es weder möglich noch sinnvoll, im Stiftsarchiv eine "konfessionelle Sönderung" vorzunehmen und die Bestände zwischen Kanton und Konfessionsteil aufzuteilen. Vielmehr kam man überein, dass das Stiftsarchiv "für den Staat und die katholische Administration ein gemeinschaftliches, untrennbares und unveräusserliches Eigentum" verbleiben solle. Die organisatorische und finanzielle Trennung zwischen Staats- und Stiftsarchiv erfolgte sodann im Jahr 1825, im Rahmen einer Übereinkunft zwischen dem Regierungsrat des Kantons St.Gallen und dem Administrationsrat des katholischen Konfessionsteils des Kantons St.Gallen. Seither ist das Stiftsarchiv gemeinsames Miteigentum des Kantons und des Katholischen Konfessionsteils.
Das Stiftsarchiv bewahrt ausserdem das Archiv und die Bibliothek des um 750 gegründeten und 1838 aufgehobenen Klosters Pfäfers auf. Diese sind in alleinigem Besitz des Kantons. Aufgrund dieser Eigentumsverhältnisse trägt der Kanton St.Gallen das Stiftsarchiv zu 5/8, der Katholische Konfessionsteil zu 3/8. Gemäss Übereinkunft zwischen Kanton und Katholischem Konfessionsteil liegt die Geschäftsführung des Stiftsarchivs beim Kanton. Es gehört als eigenständiges Amt zum Departement des Innern.
Tätigkeitsbereich (Behördenkompetenzen)
Der Kernauftrag des Stiftsarchivs besteht in der Erhaltung, Erschliessung, Erforschung und Vermittlung der Urkunden und der weiteren archivischen Unterlagen des ehemaligen Klosters St.Gallen sowie des Archivs und der Bibliothek des ehemaligen Klosters Pfäfers. Zu diesem Zweck arbeitet das Stiftsarchiv eng mit der Stiftsbibliothek St.Gallen und den Mitgliedern des 2012 gegründeten Vereins Weltkulturerbe Stiftsbezirk St.Gallen (Kanton, Stadt St.Gallen, der Katholische Konfessionsteil und das Bistum St.Gallen und St.Gallen-Bodensee Tourismus) zusammen. Ausserdem verwaltet das Stiftsarchiv noch weitere Bestände, so u.a. das Archiv des Benediktinerinnenklosters St. Wiborada in St. Georgen, die von Pfarrer Anton Fraefel geretteten Bestände des 1811 vom Kanton St.Gallen aufgehobenen adligen Damenstifts Schänis, das Familienarchiv von Thurn-Valsassina sowie den Nachlass von Pankraz Vorster, dem letzten St.Galler Fürstabt.
Aus diesem Kernauftrag ergeben sich für das heutige Stiftsarchiv neben den üblichen Führungs- und Querschnittsaufgaben die folgenden Aufgabenbereiche:
a) Konservierung: Bestandspflege und Restaurierung
b) Erschliessung: Edition und digitale Neuerschliessung: Das Stiftsarchiv
- eröffnet den Zugang zu mehr als 1000 Jahren Geschichte der Klöster St.Gallen und Pfäfers in Form von Urkunden, Akten, Handschriften, Druckwerken, Karten und Plänen.
c) Erforschung: Publikationstätigkeit und Vernetzung der Wissenschaft: Das Stiftsarchiv
- unterstützt Forschungen zur Geschichte der Klöster St.Gallen und Pfäfers, durch Herausgabe von bzw. Mitwirkung an Publikationen oder durch die Organisation von Fachtagungen.
d) Vermittlung: Ausstellungsorganisation und Öffentlichkeitsarbeit: Das Stiftsarchiv
- berät Benutzer im Umgang mit Findmitteln und Archivalien
- beantwortet schriftliche und mündliche Anfragen
- berät bei Fragen zu Familien-, Häuser- und Namenforschung
- trägt die kuratorische Verantwortung für die wechselnden Jahresausstellungen im Ausstellungssaal des Stiftsarchivs
- verbessert und erweitert kontinuierlich sein Vermittlungsangebot
- bietet Gruppen Führungen an
- arbeitet eng mit der Stiftsbibliothek St.Gallen und den Partnern des Weltkulturerbes Stiftsbezirk St.Gallen zusammen.
Administrative Strukturen
Das Stiftsarchiv St.Gallen befindet sich im gemeinsamen Miteigentum von Kanton St.Gallen und Katholischem Konfessionsteil des Kantons St.Gallen. Archiv und Bibliothek der 1838 aufgehobenen Abtei Pfäfers, die ebenfalls im Stiftsarchiv St.Gallen aufbewahrt werden, befinden sich im alleinigen Eigentum des Kantons. Daraus ergibt sich für das Stiftsarchiv insgesamt folgender Finanzierungsschlüssel: Kanton 62.5% (5/8); Katholischer Konfessionsteil 37.5% (3/8). Die Geschäftsführung liegt beim Kanton. Innerhalb der kantonalen Verwaltung ist das Stiftsarchiv Teil des Departements des Innern. Der Personalbestand beträgt rund 350 Stellenprozente, die sich auf vier festangestellte Mitarbeitende verteilen (Stand 2020).
Parallelüberlieferungen
- Kantonsrat/Regierung: Bis 2007 veröffentlichte die Regierung einen jährlichen Amtsbericht, in dem die Tätigkeit des Stiftsarchivs regelmässig in summarischer Form abgebildet war (StASG ZA 003). Seit dem Übergang zur neuen Form des "Geschäftsberichts der Regierung" (StASG ZA 437, ab 2008) ist diese kontinuierliche Form der Berichterstattung entfallen.
- Departement des Innern (DI): Das Generalsekretariat des DI übt zusammen mit dem Administrationsrat des Katholischen Konfessionsteils die Aufsicht über das Stiftsarchiv aus. Entsprechende Unterlagen, insbesondere Jahresberichte, sind somit auch auf dieser Ebene zu erwarten. Dasselbe gilt für abgeschlossene Personaldossiers, die gemäss der seit 1. Mai 2014 gültigen Dienstanweisung betr. personalrechtliche Zuständigkeiten im DI an den Personaldienst des Departements weiterzuleiten sind, sowie für die jährlichen Grundlagendokumente finanzieller Art (Voranschlag, Aufgaben- und Finanzplan etc.).
- Amt für Kultur (AFKU): Protokolle der Kommission "Ausstellung und Vermittlung Stiftsbezirk St.Gallen".
- Administrationsrat (Katholische Administration): Parallelüberlieferung analog DI/AFKU.
- Verein Weltkulturerbe Stiftsbezirk St.Gallen: Im Verein vertreten sind der Kanton, der Katholische Konfessionsteil, die Stadt, das Bistum und St.Gallen-Bodensee-Tourismus. Zentrale Grundlage der Vereinstätigkeit ist der Aufgaben- und Massnahmenplan Weltkulturerbe. Ausserdem fallen Jahresberichte, Protokolle von Mitgliederversammlungen und Vorstand an. Das Stiftsarchiv ist sowohl im Verein als auch in den beiden vom Verein etablierten Fachgruppen "Erbe" und "Vermittlung" vertreten, wo ebenfalls Berichte und Protokolle anfallen und einzelne Massnahmen des Managementplans federführend umgesetzt werden. Die Geschäftsstelle des Vereins ist administrativ beim Katholischen Konfessionsteil des Kantons St.Gallen angesiedelt. Die Frage der Archivierung ist bisher ungeregelt.
- Stiftsbibliothek: Abgesehen von der gemeinsamen Vertretung im Direktorium "Ausstellung und Vermittlung Stiftsbezirk St.Gallen" besteht nur eine projektbezogene Zusammenarbeit (Forschungsprojekte, Ausstellungen, Publikationen).
- VSA-Arbeitsgruppe Geistliche Archive: Für das Stiftsarchiv relevante Themen werden auch in der Arbeitsgruppe Geistliche Archive besprochen, in der das Stiftsarchiv deshalb traditionsgemäss vertreten ist.
Bewertung der organisatorischen Gesamtfunktion
Das Stiftsarchiv St.Gallen ist das älteste Klosterarchiv des Abendlandes. Seine Bestände reichen bis in die Zeit der Gründung des Klosters St.Gallen um das Jahr 720 zurück. Sie enthalten über 850 Originalurkunden aus der Zeit vor dem Jahr 1000, in denen sich die ersten Erwähnungen von rund tausend Städten, Dörfern und Weilern in der Schweiz, Deutschland, Österreich und Frankreich finden. Zusammen mit dem Stiftsbezirk gehört das Stiftsarchiv seit 1983 zum UNESCO-Weltkulturerbe und seit 2017 zusätzlich – zusammen mit der Stiftsbibliothek – zum UNESCO-Weltdokumentenerbe (Memory of the World). Archivarische Tätigkeit lässt sich im Stiftsarchiv bis ins 8. Jahrhundert zurückverfolgen. Dem unschätzbaren Wert der historischen Bestände, der jahrhundertealten institutionellen Kontinuität sowie der doppelten Eigentümerschaft des Stiftsarchivs steht dessen Stellung als kleinstes Amt innerhalb der kantonalen Verwaltung gegenüber.
Historische Kriterien
Die Geschichte der Archive ist ein noch wenig erforschtes Feld der historischen Wissenschaft. Die bisher vorliegenden Werke sind stark institutionengeschichtlich ausgerichtet und wurden fast ausschliesslich von Autorinnen und Autoren verfasst, die selber im Archivwesen tätig sind. Grösser angelegte Untersuchungen zur Archivgeschichte von nicht im Archivbereich tätigen Historikerinnen und Historikern sind dagegen noch weitgehend ausstehend. Für die künftige Forschung ist denkbar, dass sie nicht nur auf Institutionen und Bestände fokussiert, sondern die Aufmerksamkeit auch auf die gesellschaftliche Bedeutung der Archive lenkt und beispielsweise Traditionen der Schriftlichkeit oder Fragen der Erinnerungskultur einbezieht. Hierzu könnten bestimmte Unterlagentypen des Stiftsarchivs, insbesondere solche aus seiner Forschungs- und Vermittlungstätigkeit, durchaus einen Beitrag leisten.
Rechtliche Kriterien
Rechtliche oder administrative Aufbewahrungspflichten und -fristen:
Für sämtliche Unterlagen finanzieller Art gilt in sachgemässer Anwendung von Art. 590 und 747 sowie Art. 957 und 962 des Schweizerischen Obligationenrechts (SR 220) und der eidgenössischen Geschäftsbücherverordnung (SR 221.431) die Pflicht zur Aufbewahrung während 10 Jahren. Personaldossiers sind gemäss Art. 127 des Schweizerischen Obligationenrechts und Art. 24 der kantonalen Besoldungsverordnung ebenfalls während 10 Jahren (berechnet ab Ende des Dienstverhältnisses) aufzubewahren. Ansonsten sind keine expliziten Aufbewahrungsfristen bekannt.
Bedeutung im Hinblick auf Rechtssicherheit und Interessenwahrung (für den Staat oder Private) sowie für die Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns:
Findmittel und Register stellen den Zugang zum Archivgut sicher. Für diesen Unterlagentyp gilt deshalb gemäss unbestrittener interner Praxis die zeitlich unbeschränkte Aufbewahrung.
Vereinbarung
Vereinbarung zwischen dem Staatsarchiv und dem Stiftsarchiv vom September 2020:
Führung und Support:
- Rechtsetzung: Anbieten (zur differenzierten Bewertung)
- Strategische Führung: Archivwürdig
- Jahresberichte: Archivwürdig
- Protokolle Teamsitzungen: Nicht archivwürdig (Vernichten)
- Finanzen/Rechnungswesen: Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ablauf von 10 Jahren)
- Personaldossiers: Nicht archivwürdig (Vernichten nach Ablauf von 10 Jahren ab Dienstaustritt)
- Projektdossiers mit Federführung der Dienststelle: Anbieten (zur differenzierten Bewertung)
- Projektdossiers ohne Federführung der Dienststelle: Nicht archivwürdig (Vernichten)
Konservierung:
- Restaurierungsberichte: Archivwürdig
- Sicherstellungsdokumentationen (Kulturgüterschutz): Archivwürdig
Erschliessung:
- Findmittel/Register (analog und digital): Archivwürdig
- Schenkungs- und Depositumsverträge (Erwerbung):Archivwürdig
Erforschung:
- Wissenschaftliche Publikationen: Produkt (Publikation): Archivwürdig; Projektdossier (Planung/Administration): Nicht archivwürdig (Vernichten)
- Tagungsdokumentationen: Produkt (Tagungsband): Archivwürdig; Projektdossier (Planung/Administration): Nicht archivwürdig (Vernichten)
- Anfragen: Anbieten (zur differenzierten Bewertung)
Vermittlung:
- Ausstellungsdokumentationen: Produkt (Begleitband): Archivwürdig; Projektdossier (Planung/Administration): Nicht archivwürdig (Vernichten)
- Vorträge: Archivwürdig
- Protokolle Direktorium "Ausstellung und Vermittlung Stiftsbezirk St.Gallen": Nicht archivwürdig
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Sachakten (30 Jahre)
Ende der Schutzfrist
12/31/2033
Bewilligung
Staatsarchiv
Zugänglichkeit
Archivmitarbeiter/-innen
Physische Benutzbarkeit
Uneingeschränkt