Handelsregisteramt (2008-2012)
Titel
Handelsregisteramt (2008-2012)
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1900 (ca.)-2000
Existenzzeitraum
1891-
Synonyme
Handelsregisterbureau / Handels- und Güterrechtsregisterbureau
Abkürzungen
HRA
Geographische Angaben (Adresse)
Oberer Graben 26, 9001 St.Gallen
Rechtsform
Amt
Rechtsgrundlagen
Bund:
- Bundesgesetz über das Schweizerische Obligationenrecht vom 14.6.1881 (AS NF 5, 635), in Kraft seit 1.1.1883
- Eidgenössische Verordnung über Handelsregister und Handelsamtsblatt vom 29.8.1882 (AS NF 6, 403)
- Eidgenössische Verordnung über Handelsregister und Handelsamtsblatt vom 6.5.1890 (AS NF 11, 492), in Kraft seit 1.1.1891
- Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10.12.1907
(ZGB, SR 210, 1. Teil, Das Personenrecht)
- Bundesgesetz vom 30.3.1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht/OR, SR 220, vor allem Dritte und Vierte Abteilung)
- Eidgenössische Verordnung über das Handelsregister vom 7.6.1937 (AS NF 53, 577) bzw. vom 17.10.2007 (SR 221.411)
- Wichtigste Änderungen der Handelsregisterverordnung: Bundesratsbeschlüsse vom 6.5.1970 (AS 1970, 733), vom 20.12.1971 (AS 1971 1839) und vom 15.11.1989 (AS 1989 2380)
- Bundesgesetz vom 3.10.2003 über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung (FusG, SR 221.301)
Kanton St.Gallen:
- Gesetz betreffend die Führung des Handelsregisters vom 29.12.1890 (sGS 915.1)
- Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 3.7.1911/22.6.1942 (sGS 911.1)
(Amts-)Leitung
-2012: Clemens Meisterhans
Behördengeschichte
Durch Art.1 und 2 des Gesetzes betreffend Einführung des Bundesgesetzes über das Obligationenrecht vom 8. Januar 1883 war die Führung der Handelsregister im Kanton St. Gallen vorerst den Bezirksämtern übertragen worden. Nachdem sich diese Lösung nicht bewährt hatte, beschloss der Gesetzgeber, diese Aufgabe per 1. Januar 1891 beim neu geschaffenen "Handelsregisterbureau" zu zentralisieren. Wurden im Jahr 1883 erst 716 Eintragungen ins "Tagebuch" eingetragen, entwickelte sich das heutige Handelsregisteramt im Laufe der Zeit zu einem Dienstleistungsbetrieb für Firmen mit rund 10 000 Einträgen im Jahr, die vollständig elektronisch ausgeführt werden. Wie die folgende Übersicht zeigt, hat die Bezeichnung wie auch die Eingliederung der Dienststelle in die Verwaltungshierarchie in der Vergangenheit mehrfach gewechselt:
- 1891 Handelsregisterbureau (Justizdepartement)
- 1913 Handels- und Güterrechtsregisterbureau (Justizdepartement)
- 1942 Handels- und Güterrechtsregisterbureau (Justiz- und Sanitätsdepartement)
- 1945 Handelsregisteramt und Grundbuchinspektorat (Justiz- und Sanitätsdepartement)
- 1964 Handelsregisteramt und Grundbuchinspektorat (Justizdepartement)
- 1972 Handelsregisteramt (Justizdepartement)
- 1976 Handelsregisteramt (Justiz- und Polizeidepartement)
- 2008 Handelsregisteramt (Departement des Innern)
Per 1. Juli 2012 erfolgte die Fusion mit dem Handelsregisteramt zum neu gebildeten Amt für Handelsregister und Notariate (siehe Registerkarte Verweise).
Tätigkeitsbereich (Behördenkompetenzen)
Das Handelsregister ist ein öffentliches, staatlich geführtes Verzeichnis der nach kaufmännischer Art geführten Gewerbe (Einzelfirmen, Gesellschaften und Körperschaften) mit Angabe ihrer Rechtsform, Zeichnungsberechtigungen und Haftungsverhältnisse. Im Handelsregister sind namentlich eingetragen: Einzelfirmen (Rechtsformcode: 1); Kollektivgesellschaften (Rechtsformcode: 2); Kommanditgesellschaften (Rechtsformcode: 2); Aktiengesellschaften (Rechts-formcode: 3); Kommanditaktiengesellschaften; Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Rechtsformcode: 4); Genossenschaften (Rechtsformcode: 5); Vereine (Rechtsformcode: 6), die ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreiben; Stiftungen (Rechtsformcode: 7); Zweigniederlassungen ausländischer und schweizerischer Unternehmungen. Befreit von der Eintragung sind insbesondere die freien Berufe (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Ingenieure, Architekten, Rechtsanwälte) und die meisten landwirtschaftlichen Betriebe sowie Firmen, deren jährliches Roheinkommen unter Fr. 100'000 (seit 1971, vorher 25'000) liegt (vgl. Eidgenössische Verordnung über das Handelsregister, Art. 52-56).
In der Schweiz ist das Handelsregisterwesen seit 1882 wie folgt organisiert: Das Führen der Handelsregister ist Sache der Kantone, während der Bund die Oberaufsicht wahrnimmt. Jeder Kanton muss mindestens ein Handelsregister führen (Art. 927 OR), das von einem Registerführer betreut wird. In den ersten Jahren des Bestehens der Dienststelle wurde nur ein rein kantonales Handelsregister geführt; im Jahr 1890 wurde dann das heutige schweizerische Handelsregister eingeführt.
Die Oberaufsicht über das Handelsregisterwesen wird heute durch das Eidgenössische Amt für das Handelsregister (EHRA) als Teil des Bundesamtes für Justiz ausgeübt. Das Ziel besteht darin, eine möglichst einheitliche und korrekte Anwendung des Handelsrechts in der Schweiz zu gewährleisten. Das EHRA unterstützt die kantonalen Handelsregisterämter bei der Lösung fachlicher Probleme, erstellt Gutachten und kann Weisungen erlassen. Weitere Aufgaben: Prüfung der Tagebuch-Eintragungen der kantonalen Handelsregisterämter und Weiterleitung zur Veröffentlichung im SHAB (Schweizerisches Handelsamtsblatt), Inspektion der kantonalen Handelsregister und Instruktion der Registerführer, Führung eines zentralen Firmenregisters von sämtlichen in der Schweiz eingetragenen Firmen (= Handelsnamen) juristischer Personen.
Parallelüberlieferungen
- Eidgenössisches Amt für das Handelsregister (EHRA):
Täglich werden die neu ins kantonale Handelsregister eingetragenen Tatsachen auf elektronischem Weg dem EHRA zur Genehmigung und Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) übermittelt. Belegakten fallen beim EHRA keine an, so dass nicht mit einer Doppelüberlieferung von Bedeutung zu rechnen ist.
- Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB): Das SHAB musste nach Art. 120 der "alten" Handelregisterverordnung vom 7.6.1937 von den Registerführern vollständig aufbewahrt werden; diese Pflicht ist in der Neufassung der Handelsregisterverordnung vom 17.10.2007 (Stand 1.1.2008; vgl. SR 221.411) allerdings nicht mehr enthalten. Daneben liegt das SHAB in gedruckter Form in den meisten grösseren Bibliotheken und Archiven vor, so u.a. auch in der Kantonsbibliothek Vadiana. In elektronischer Form ist das SHAB mit Daten ab 01.04.2003 verfügbar über www.shab.ch.
- Amtsbericht der Regierung: Im Abschnitt zum HRA jährliche Berichterstattung über das abgelaufene Jahr, mit recht ausführlichen Angaben statistischer Art (u.a. Gesamtbestand an Firmen [gegliedert nach Firmentyp], Anzahl Neueinträge, Änderungen, Löschungen usw.)
- Amtsbericht der kantonalen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs und über das Handelsregisteramt, 1892-1967 (StASG ZA 092)
Parallelunterlagen zu juristischen Personen fallen ferner bei folgenden kantonalen Stellen an:
- Kantonales Steueramt, Hauptabteilung Juristische Personen: Steuerregister und Veranlagungsakten enthalten primär jährliche Angaben zu Gewinn und Kapital sowie diesbezügliche Belege.
- Amt für Stiftungsaufsicht und berufliche Vorsorge: Dossiers zu sämtlichen Stiftungen mit Sitz im Kanton, enthaltend die im Hinblick auf die kantonale Aufsichtsfunktion relevanten Informationen (Statuten inkl. Änderungen, Handelsregistereinträge, Jahresrechnungen und Bilanzen, Protokolle u.a.)
- Konkursämter: Konkursakten sind - gemäss Einschätzung der Koordinationskommission (KoKo) des VSA - "an sich vollständiger, aussagekräftiger, aber auch komplexer als die Belegakten der Handelsregisterämter. Solche Konkursakten fallen aber nur dann an, wenn eine Firma zahlungsunfähig wird. Bei anderen Liquidationsgründen, zum Beispiel durch einen Beschluss der Generalsversammlung oder per Statut, werden keine Akten beschlagnahmt, und die Staatsarchive können sich nur im Rahmen ihrer Sorge um Privatarchive um das Schriftgut solcher Firmen kümmern."
Bewertung der organisatorischen Gesamtfunktion
Das Handelsregister ist eine öffentliche Quelle für wirtschaftliche Informationen über Unternehmen. Es dient in erster Linie der Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr und dem Vertrauensschutz (Publizitätsfunktion). Eingetragen und im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) veröffentlicht werden rechtlich verbindliche Tatsachen vorab bei privaten Rechtssubjekten, teilweise auch bei halbstaatlichen und staatlichen Institutionen.
Historische Kriterien
Das Hauptregister sowie das Schweizerische Handelsamtsblatt SHAB sind als zentrale Quellen für wirtschaftshistorische Untersuchungen zu bezeichnen, dokumentieren sie doch sowohl die wirtschaftliche Entwicklung von Einzelfirmen wie auch jene des Kantons als Ganzes. Belegakten vermögen die aus dem Register ablesbaren Erkenntnisse fallweise zu ergänzen und zu vertiefen.
Bei den Belegakten sind als Quellen wirtschafts- und sozialgeschichtlicher Art speziell zu erwähnen die Dossiers zu privaten Personalfürsorgestiftungen, so genannten Versicherungskassen sowie zu Konsumvereinen und -genossenschaften. Bei den Stiftungen und Fürsorgekassen handelt es sich um firmen- und fabrikeigene Sozialwerke, die als private Stiftung beispielsweise un-ter dem Namen "Sterbe- und Tuberkulosekasse", "Wohlfahrtsfonds" usw. errichtet wurden und später mit der Einführung des Pensionskassen-Obligatoriums aufgelöst wurden. Die Konsumvereine oder -genossenschaften wurden zumeist in den 1890er-Jahren gegründet und bestanden bis in die 1970er-Jahre. Der Rückgang dieser Konsumvereine scheint mit dem Wachstum der kommerziellen Grossverteiler einherzugehen. Praktisch jede Gemeinde verfügte über eine Genossenschaft, die ein eigenes "Konsum"-Verkaufslokal betrieb und deren Ziel der genossenschaftliche An- und Verkauf von Lebensmitteln zu möglichst billigen Preisen war.
Rechtliche Kriterien
- Hauptregister, Tagebuch und Firmenverzeichnis: Dürfen nicht vernichtet werden und müssen dauernd aufbewahrt werden. (AS 1971, 1839, Artikel 14/36).
- SHAB (Schweizerisches Handelsamtsblatt): Musste nach Art. 120 der Handelsregisterverordnung vom 7.6.1937 (AS NF 53, 577) von den Registerführern vollständig aufbewahrt werden; diese Pflicht ist in der Neufassung der Handelsregisterverordnung vom 17.10.2007 aber nicht mehr enthalten.
- Belegakten: Die Aufbewahrungsfrist für die Belegakten liegt seit 1970 bei 10 Jahren, vorher betrug sie 30 Jahre. Für die begleitende Korrespondenz galt von Anfang an eine Aufbewahrungsfrist von bloss 10 Jahren (Handelsregisterver-ordnung HregV, SR 221.411)
- GmbH-Listen: Waren bis anhin Bestandteil der Belegakten einer Firma und sollten immer bei den Firmenunterlagen aufbewahrt werden. Nach neuem GmbH-Recht (noch nicht in Kraft) fallen diese vermutlich weg. Die bisherigen Listen müssen noch 10 Jahre nach der Mitteilung aufbewahrt werden.
- Rapporte (Rückmeldung der Gemeinden): Können nach Auskunft des Handelsregisteramts wie Korrespondenz gehandhabt und demzufolge 10 Jahre im Handelsregisteramt aufbewahrt und anschliessend vernichtet werden.
- Vom Handelsregisteramt als Notariat in Handelsregisterangelegenheiten erstellte Urkunden: Pflicht zur dauernden Aufbewahrung inkl. zugehöriges Register (in sinngemässer Anwendung von Art. 25 Abs. 1 EG zum ZGB; vgl. sGS 911.1).
Vereinbarung
Vereinbarung zwischen dem Staatsarchiv St.Gallen und dem kantonalen Handelsregisteramt vom 6. März 2008 betr. die Aufbewahrung bzw. Archivierung der Unterlagen:
(...)
- Hauptregister: Dauernde Aufbewahrung
- Belegakten: Rechtsformcodes 5 (Genossenschaft), 6 (Verein), 8 (besondere Rechtsform): Dauernde Aufbewahrung; übrige Rechtsformen: Kassation (nach Ablauf von 10 Jahren [gelöschte] bzw. 30 Jahren [aktive])
- Firmenverzeichnis (alphabetisch): Dauernde Aufbewahrung
- Tagebuch (chronologisch): Dauernde Aufbewahrung
- Schweizerisches Handelsamtsblatt SHAB: Angebotspflicht gegenüber der Kantonsbibliothek Vadiana
- Urkunden (inkl. Register): Dauernde Aufbewahrung
- GmbH-Listen: Kassation (nach Ablauf von 10 Jahren)
- Rapporte der Gemeinden: Kassation (nach Ablauf von 10 Jahren)
(...)
Anmerkung
Zum Handelsregisteramt vor 2008: vgl. den eigenen Fonds im Justiz- und Polizeidepartement (siehe Registerkarte Verweise)
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Sachakten (30 Jahre)
Ende der Schutzfrist
12/31/2030
Bewilligung
Staatsarchiv
Zugänglichkeit
Archivmitarbeiter/-innen
Physische Benutzbarkeit
Uneingeschränkt