Amt für Bürgerrecht und Zivilstand
Titel
Amt für Bürgerrecht und Zivilstand
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1933-2005
Existenzzeitraum
1996-
Synonyme
früher: Bürgerrechts- und Zivilstandsdienst
Abkürzungen
AfBZ
Geographische Angaben (Adresse)
Davidstrasse 27, 9001 St.Gallen
Rechtsform
Amt
Rechtsgrundlagen
A.) Bürgerrecht
- Bundesgesetz vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (Bürgerrechtsgesetz [BüG]) (SR 141.0)
- Verfassung des Kantons St.Gallen vom 10. Juni 2001, insb. "IX. Einbürgerung", Art. 101 ff. (sGS 111.1)
- Gesetz über das St.Galler Bürgerrecht vom 3. August 2010 (sGS 121.1)
- Verordnung über das St.Galler Bürgerrecht vom 19. Oktober 2010 (sGS 121.11)
- Gebührentarif für die Kantons- und Gemeindeverwaltung vom 2. Mai 2000 (sGS 821.5), Tarifnummern 50.00.01-06.
B.) Zivilstand
- Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB) vom 10. Dezember 1907 (SR 210) insb. Personenrecht Art. 11-55, Eherecht Art. 90ff. und Kindesverhältnis (inkl. Adoptionen) Art. 252-269c
- Eidgenössische Zivilstandsverordnung (ZStV) vom 28. April 2004 (SR 211.112.2)
- Verordnung vom 27. Oktober 1999 über die Gebühren im Zivilstandswesen (ZStGV) (SR 172.042.110)
- Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 03. Juli 1911 / 22. Juni 1942 (sGS 911.1)
- Kantonale Zivilstandsverordnung vom 14. Juni 2005 (sGS 912.1)
- Adoption: Gebührentarif für die Kantons- und Gemeindeverwaltung vom 2. Mai 2000 (sGS 821.5), Tarifnummer 22.57.
(Amts-)Leitung
1996-2014: Heinz Walser
2014-2019: Gabriela Küpfer
Behördengeschichte
Das heutige Zivilstandswesen – also die systematische Sammlung von Daten zum Personenstand – wie auch das Bürgerrecht haben ihre Ursprünge in der Helvetischen Republik 1798. Der Begriff des Personenstandes umfasst neben den in direktem Zusammenhang mit einer Person stehenden Ereignissen über den Zivilstand (Geburt, Ehe, eingetragene Partnerschaft, Tod etc.) die Angaben über den Personen- und Familienstand einer Person (Mündigkeit, Abstammung, Verhältnis zum Ehegatten oder Partner, Name und Staatsangehörigkeit). In der Schweiz gilt die Zugehörigkeit zu einer Gemeinde (Bürgerrecht) ebenfalls als Element des Personenstandes. Das Bürgerrecht seinerseits wird in das Staats-, das Kantons- und das Gemeindebürgerrecht aufgeteilt (Art. 37 BV).
Der Kanton St.Gallen überliess nach seiner Gründung 1803 die Führung der Zivilstandsregister weiterhin den Pfarrämtern. Ein erster Eingriff erfolgte erst mehr als 20 Jahre später: Mittels der kantonalen Verordnung vom 11. Mai 1827 wurden die Pfarrämter verpflichtet, Ehe-, Geburts- und Sterbelisten nach kantonal vorgeschriebenen Formularen zu führen. Erst 40 Jahre später (1867) wurden die pfarramtlichen Listen durch die von den Gemeinden zu führenden kantonalen Zivilstandsregister abgelöst. Weitere 10 Jahre später folgte die einheitliche eidgenössische Regelung: Das "Bundesgesetz über Civilstand und Ehe" vom 24.12.1874 wies die in der ganzen Schweiz neu geschaffenen Zivilstandsämter an, ab 1876 eigene Register anzulegen. Seither führten die Zivilstandsämter 5 Register: 4 davon (Geburt, Ehe, Tod, Kindesanerkennung) sind sog. Ereignisregister. Der jeweilige Eintrag wird im Zivilstandsregister jenes Ortes gemacht, an dem sich die Zivilstandstatsache ereignet. Das 5. Register – das Bürgerregister – wird vom Zivilstandsamt der Heimatgemeinde geführt. Die Regelungen zum Zivilstand wurden 1907 in das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) übernommen.
Die beiden ersten Einbürgerungsgesetze in St.Gallen aus den Jahren 1807 und 1810 betrafen noch ausschliesslich die Heimatlosen. Das erste allgemeine ordentliche Einbürgerungsgesetz entstand 1817, allerdings war es noch lückenhaft. Nach der Trennung zwischen Politischen und Ortsgemeinden in St.Gallen (1831) wurden beide Körperschaften mittels der Verordnung vom 20. Oktober 1834 verpflichtet, Bürgerregister der Ortsbürger anzulegen. Damit wurde auch eine einheitliche Regelung betreffend Einbürgerung notwendig, was ein Jahr später zum Erlass des Gesetzes über den Erwerb und den Verlust des Gemeinde- und Kantonsbürgerrechts führte. Mit der Gründung der modernen Eidgenossenschaft 1848 wurde dem Kantonsbürgerrecht mit der Erklärung, dass "jeder Kantonsbürger Schweizer Bürger ist", ein Schweizer Bürgerrecht übergestülpt. Das liberale St.Galler Gesetz von 1835 blieb in Kraft und wurde in der neuen Kantonsverfassung von 1890 grundsätzlich bestätigt. So findet sich denn auch im Amtsbericht 1891 erstmals eine selbständige Rubrik "Bürgerrecht". 1929 wurden in der Schweiz die Familienregister eingeführt. Im Kanton St.Gallen lösten diese die Bürgerregister ab. Weitere wichtige Änderungen erfuhr der Bereich Zivilstand in den Jahren 1972 mit dem Adoptionsrecht , dem Kindsrecht 1977 und den bis 1998 mehrfachen Anpassungen im Eherecht.
Das Bürgerrecht, namentlich das Einbürgerungsverfahren, war während der beiden Weltkriege einem vertieften Wandel unterworfen. Die anfänglich liberale Handhabung der Einbürgerung entwickelte sich mehr und mehr zu einem Verfahren, das die Einbürgerung zum Endpunkt eines langen Assimilierungsprozesses werden liess. Den Abschluss dieser Entwicklung bildete das Bundesgesetz von 1952. In den Folgejahren gingen die Einbürgerungen im Kanton St.Gallen stark zurück. Um die Jahrtausendwende war die Haltung der St.Galler Bevölkerung gegenüber der Einbürgerungsfrage geteilt: Einerseits verlangten öffnungsbereite Kreise eine liberalere Einbürgerungslösung, andererseits wollten nationalkonservative Kreise weiterhin an der Zustimmung der Bürgerschaft festhalten. Dies schlug sich auch in der neuen Kantonsverfassung von 2003 nieder: Ein aus Vertretungen der Politischen Gemeinde und der Ortsgemeinde paritätisch zusammengesetzter Einbürgerungsrat prüft die Gesuche, und auf dessen Antrag hin beschliessen die Stimmberechtigten der Politischen Gemeinden bzw. der Gemeindeparlamente über die Erteilung des Bürgerrechts. Vor 2003 gab anschliessend die Einbürgerungskommission des Kantonsrats Empfehlungen zu den einzelnen Gesuchen zu Hd. des Kantonsrates ab, welcher dann über die Erteilung des Kantonsbürgerrechtes entschied. Seit 2003 erfolgt die Kantonsbürgerrechtserteilung auf Beschluss der Regierung. Die Eignungskriterien für eine Einbürgerung sind in Art. 12 bis 14 des neuen Gesetz über das St.Galler Bürgerrecht (nBRG) sowie in Art. 14 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (BüG) ausführlich geregelt. Seit 2005 werden nun die Erhebungsberichte von den Gemeinden – nach einer Vorlage des AfBZ – und nicht mehr von der Polizei erstellt.
Die mit Zivilstand und Bürgerrecht verbundenen Aufgaben wurden innerhalb der Kantonsverwaltung immer als Teil des Departements des Innern betrachtet und meistens in dessen Sekretariat bearbeitet. Erst ab 1984 ist im Amtsbericht vom selbständigen "Bürgerrechts- und Zivilstandsdienst" die Rede. 1996 wurde dieser in das Amt für Bürgerrecht und Zivilstand (AfBZ) umgewandelt. Die aufsichtsrechtlichen Befugnisse im Bereich Zivilstand wurden vom Departement an das Amt delegiert. Seit 1. Juli 2000 ist das Amt auch für die Aussprechung von Adoptionen zuständig. Diese Kompetenz lag bis zu diesem Zeitpunkt bei den Bezirksämtern. In den Jahren 2003 bis 2005 wurde schweizweit das informatisierte Personenstandsregister (Infostar) eingeführt, das die bisherigen Papierregister ablöste. Das Familienregister und die 4 Ereignisregister wurden durch ein personenbezogenes Standesregister ersetzt. In St.Gallen wurden ab 2001 die 90 damaligen kommunalen Zivilstandsämter zu 33 regionalen Ämtern mit 42 Zivilstandskreisen zusammengelegt. Ein weiterer Regionalisierungsschritt führte zur Bildung der derzeit 11 Zivilstandskreise ab 1. Januar 2009 (Stand 2012) .
Seit 1. Juli 2005 führt das AfBZ zusätzlich ein Sonderzivilstandsamt, welches für die Beurkundung von ausländischen Entscheiden und Urkunden sowie für die testamentarische Anerkennung eines Kindes verantwortlich zeichnet.
Tätigkeitsbereich (Behördenkompetenzen)
A. Bürgerrecht
- Bearbeitung von ordentlichen Einbürgerungen von ausländischen und schweizerischen Gesuchstellenden und Vorbereitungen zur Erteilung des Kantonsbürgerrechts durch die Regierung: Das AfBZ erhält von einem Einbürgerungsgesuch nur Kenntnis, wenn auf kommunaler Stufe ein positiver Einbürgerungsentscheid vorliegt. Anschliessend übernimmt es alle Vorbereitungsarbeiten für den Regierungsentscheid über die Erteilung des Kantonsbürgerrechts.
- Mitwirkung bei den Verfahren der erleichterten Einbürgerungen des Bundes: Bei der erleichterten Einbürgerung ist der Bund für den Entscheid allein zuständig. Der Kanton wird vorher angehört und hat – wie auch die Gemeinde – ein Beschwerderecht. Von der erleichterten Einbürgerung profitieren können unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen insbesondere ausländische Ehepartner von Schweizerinnen oder Schweizern sowie Kinder eines schweizerischen Elternteils, welche das Schweizer Bürgerrecht noch nicht besitzen.
- Mitwirkung bei den Verfahren der Wiedereinbürgerungen des Bundes: Wie bei der erleichterten Einbürgerung ist der Bund für den Entscheid zuständig; der Kanton und die Gemeinde haben ein Beschwerderecht. Eine allgemeine Voraussetzung für die Wiedereinbürgerung ist die Verbundenheit in der Schweiz. Die Wiedereinbürgerung steht Personen offen, die das Schweizer Bürgerrecht verloren haben (durch Verwirkung, Heirat oder Entlassung aus dem Schweizer Bürgerrecht).
- Gesuche um Entlassung aus dem Kantonsbürgerrecht (z.B. nach Einbürgerung in einem anderen Kanton) und Entlassung aus dem Schweizer Bürgerrecht bearbeiten und verfügen (z.B. bei Ausgewanderten).
- Ausstellung von Feststellungsverfügungen (Feststellungsbeschlüsse): Gegenstand einer Feststellungsverfügung bzw. eines Feststellungsentscheids sind der Bestand, Nichtbestand oder Umfang individualisierter öffentlich-rechtlicher Rechte und Pflichten. Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines Feststellungsinteresses. Im Bereich Bürgerrecht sind dies Bürgerrechtsfeststellungen (z.B. bei Staatenlosen). Solche Feststellungsbeschlüsse sind in den letzten Jahren sehr selten geworden. Andere Feststellungsbeschlüsse sind aus Übergangsregelungen entstanden (z.B. Anerkennung als Schweizer Bürger und Wiederannahme des ehemaligen Bürgerrechts).
- Bearbeitung von Namensänderungsverfahren: Am häufigsten sind Vornamensänderungen. Familiennamensänderungen ergeben sich vielfach bei minderjährigen Kindern. Die Entscheidungsgewalt bezüglich Namensänderung liegt gemäss Ermächtigungsverordnung beim AfBZ. Die Beurkundung der Namensänderung wird vom Sonderzivilstandsamt vorgenommen.
- Bearbeitung von Adoptionsverfahren: Die Entscheidungskompetenz bzgl. Adoption liegt gemäss Ermächtigungsverordnung beim AfBZ. Rechtsmittelinstanz ist das Kantonsgericht. Die Beurkundung der Adoption wird vom Sonderzivilstandsamt vorgenommen.
- Gesuche "Suche nach leiblichen Eltern" bearbeiten: Es handelt sich hierbei um einen sehr sensiblen Bereich, der von den Beteiligten viel Fingerspitzengefühl verlangt. Die adoptierten Kinder haben gemäss Gesetz Anspruch darauf zu wissen, wer die leiblichen Eltern sind resp. waren.
B. Zivilstand
- Erstellen von Kreisschreiben z.Hd. der Zivilstandsämter
- Aus- und Weiterbildung der Zivilstandsämter im Kanton
- Aufsicht über die Zivilstandsämter im Kanton
- First-Level-Support Infostar im Kanton St.Gallen
- Bereinigungen von fehlerhaften Registereinträgen
- Prüfung von Akten ausländischer Staatsangehöriger im Zusammenhang mit einem Zivilstandsereignis bzw. Neuaufnahme in Infostar
- Bearbeitung von Anfragen aus der Familienforschung: Erteilung von Bewilligungen für die personenbezogene und wissenschaftliche Forschung innerhalb der Schutzfristen.
C. Sonderzivilstandsamt
- Beurkundung von Namensänderungen
- Beurkundung von Adoption und deren Aufhebung
- Beurkundung der testamentarischen Anerkennung eines Kindes
- Anerkennung und Beurkundung ausländischer Entscheide und Urkunden über den Zivilstand
Administrative Strukturen
Der Amtsleitung unterstellt sind zwei juristische Stabsmitarbeiterinnen, die zugleich den Bereich Adoptionen bearbeiten, wobei eine zusätzlich die Amtsleiter-Stellvertretung übernimmt. Innerhalb des AfBZ gibt es die Abteilung Bürgerrecht und Namensänderung und die Abteilung Zivilstand, welche beide aus je 6 Personen (inkl. Abteilungsleiter) bestehen. (Stand 2012)
Parallelüberlieferungen
Bundesamt für Justiz (BJ): Eidgenössisches Amt für Zivilstandswesen (EAZW)
- Das EAZW führt die Oberaufsicht über das Zivilstandswesen in der Schweiz. Da das Personenstandsrecht Bundessache ist, erfolgen die meisten Regelungen über diese Dienststelle.
- Dem BJ ist die Fachstelle Infostar angegliedert, welche das elektronische Personstandsregister (Infostar) betreibt.
- Vollständige Dossiers zu erleichterten Einbürgerungen (Dossier- und Federführung beim Bund: Bundesamt für Migration; vollständige Archivierung beim Bundesarchiv (BAR))
- Vollständige Dossiers zu Wiedereinbürgerungen (Dossier- und Federführung beim Bund: Bundesamt für Migration; vollständige Aufbewahrung beim BAR)
Bundesamt für Migration
- Das BFM ist für die schweizerischen Bürgerrechtsfragen zuständig. Diesem Amt obliegt die Entscheidungskompetenz bei den erleichterten Einbürgerungen, den Wiedereinbürgerungen, der Nichtigerklärung und beim Entzug des Schweizer Bürgerrechts. Bei der ordentlichen Einbürgerung spricht es die eidgenössische Einbürgerungsbewilligung für den Kanton aus. Der Kanton wirkt bei den verschiedenen Einbürgerungsarten des Bundes mit.
- Unterstützung für die Kantone in ausländerrechtlichen Fragen
Kantonsrat / Regierung
- Einbürgerungsentscheide gemäss rechtlicher Praxis vor 2003 und diverse Gesetzesanpassungen durch den Kantonsrat, dokumentiert in den Kantonsrats-Protokollen (bis 2003)
- Unterlagen der Einbürgerungskommission des Kantonsrats (bis 2003)
- Regierungsratsbeschlüsse betreffend Einbürgerungen (ab 2003) ; ergänzend: Akten zu den Regierungsratsbeschlüssen
Justiz- und Polizeidepartement (heute: SJD)
- Kantonspolizei: Einbürgerungsakten und Reglemente/Weisungen
- Migrationsamt: Dossier zu Einbürgerung, Wiedereinbürgerung und Ausbürgerung mit Verzeichnissen der Kantonsbürgerrechtsgesuche
Politische Gemeinden (Zivilstandsämter, Einbürgerungsräte)
- Einbürgerungsräte: Die Einbürgerungsräte entscheiden bei ordentlichen Einbürgerungen über die Erteilung des Gemeindebürgerrechts. Anschliessend übernimmt das AfBZ die Gesuche um ordentliche Einbürgerung und trifft die Vorbereitungen für die Erteilung des Kantonsbürgerrechts. Das AfBZ beauftragt die Einbürgerungsräte mit Erhebungen für sämtliche Einbürgerungsarten.
- Das AfBZ ersucht die Gemeinden um Abklärungsberichte für die Beurteilung von Adoptionsgesuchen und Einbürgerungsgesuchen sämtlicher Arten.
Amtsdruckschriften / Dokumentation
- Amtsberichte der Regierung (bis 2007) mit Zahlenerhebungen und Statistiken
Internet-Auftritt (www.afbz.sg.ch):
- Sehr ausführliche und informative Site bezüglich der Organisation und der einzelnen Aufgabenbereiche des Amts (Stand: Ende 2012).
Bewertung der organisatorischen Gesamtfunktion
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der gesamte Aufgabenbereich des AfBZ traditionell eine elementare Bedeutung für Staat und Gesellschaft hat, nicht zuletzt deshalb, weil er die gesamte Bevölkerung betrifft.
Das AfBZ ist kantonale Aufsichtsbehörde im Zivilstandswesen. Es ist Beschwerdeinstanz und führt Inspektionen durch. Ebenso hat das AfBZ gegenüber den Zivilstandsämtern eine Schulungs-, Beratungs- und Unterstützungsfunktion. Die derzeit elf Zivilstandsämter werden regional durch die Gemeinden geführt. Das Sonderzivilstandsamt, das als eigenes Zivilstandsamt geführt wird, ist beim AfBZ eingegliedert. Es beurkundet die ausländischen Zivilstandsereignisse und Adoptions- und Namensänderungsentscheidungen. Mehrere Zuständigkeiten dieses Bereiches sind via Ermächtigungsverordnung dem AfBZ (resp. dessen Leiter) übertragen.
In einzelnen Bereichen der Abteilung Bürgerrecht (ordentliche Einbürgerungen, Entlassungen aus dem Bürgerrecht) und im Speziellen bei Adoptionen und Namensänderungen verfügt das AfBZ ebenfalls über Entscheidungskompetenz. In allen weiteren Bereichen hat das AfBZ eine zentrale mitwirkende Funktion.
Historische Kriterien
Der besondere Quellenwert der Einbürgerungsakten liegt im Bereich der Sozial- und Migrationsgeschichte. Sie dokumentieren sowohl allgemeine soziale, demographische, ökonomische und politische Entwicklungen als auch persönliche Schicksale und Motive, sich einbürgern zu lassen. Auch handelt es sich bei Einbürgerungsakten um Unterlagen mit hohem Informationswert. Einbürgerungsakten werden immer öfter für historische Fragestellungen herangezogen. Diese Tatsache ist sicherlich auf die hohe Medienpräsenz im Verlauf der letzten 20 Jahre des gesamten Themenbereichs "Migration und Integration" zurückzuführen.
Rechtliche Kriterien
Rechtliche Aufbewahrungsfristen
Gemäss Art. 32 Abs. 1 ZStV (SR 211.112.2) müssen Belege zur Beurkundung der Personenstandsdaten 50 Jahre aufbewahrt werden. Von dieser Regelung betroffen sind insbesondere die Belege von Auslandurkunden und Adoptionen. Seit seiner Schaffung am 1. Juli 2005 ist das Sonderzivilstandsamt für die Aufbewahrung der Belege zuständig.
Gemäss Art. 32 Abs. 2 ZStV ist allerdings eine Vernichtung der Unterlagen nach 10 Jahren unter Rücksprache mit der Aufsichtsbehörde möglich, wenn eine Mikroverfilmung oder elektronische Speicherung der Unterlagen vorgenommen wird.
Administrative Aufbewahrungsfristen
In Anlehnung an Art. 32 ZStV (SR 211.112.2) wurden bisher die gesamten Namensänderungsdossiers ebenfalls 50 Jahre aufbewahrt. Eine dauernde Archivierung ist gemäss AfBZ nicht notwendig, da in Infostar eine Historisierung – jedoch ohne Begründung des Namenswechsels – gegeben ist.
Auf Wunsch des BFM werden die Doppelerhebungsberichte mindestens 10 Jahre aufbewahrt.
Vereinbarung
Vereinbarung zwischen dem Staatsarchiv St.Gallen und dem Amt für Bürgerrecht und Zivilstand vom 15. März 2013 betreffend die Aufbewahrung bzw. Ablieferung von Unterlagen:
Amtsübergreifende Unterlagen
- Projektunterlagen: Anbietepflicht StASG
- Rechnungs- und Buchhaltungsunterlagen AfBZ: Kassation (nach 10 Jahren)
- Gemeindegebühren: Kassation (nach 10 Jahren)
- Jährlicher Amts- und Geschäftsbericht: dauernde Aufbewahrung
- Infostar: Archivierung noch nicht geregelt (voraussichtlich 2015)
Bürgerrecht
- Grundlagen- und Syntheseakten (Gesetztexte, Verordnungen, allg. Korrespondenz, etc.): Kassation (nach 10 Jahren)
- Dossiers zu ordentlichen Einbürgerungen: dauernde Aufbewahrung
- Dossiers zu Nichteingebürgerten: dauernde Aufbewahrung
- Dossiers "erleichterte Einbürgerungen": Kassation (nach 10 Jahren)
- Dossiers zu Wiedereinbürgerungen: Kassation (nach 10 Jahren)
- Dossiers zu Bürgerrechtsentlassungen: dauernde Aufbewahrung
- Erhebungsberichte (Doppel): Kassation (nach 10 Jahren)
- Gebührenabrechnungen: Kassation (nach 10 Jahren)
- Feststellungsbeschlüsse: dauernde Aufbewahrung
Zivilstand
- Grundlagen- und Syntheseakten (Gesetztexte, Verordnungen, allg. Korrespondenz, etc.): Kassation (nach 10 Jahren)
- Kreisschreiben: dauernde Aufbewahrung
- Unterlagen Zivilstandsinspektorat: dauernde Aufbewahrung
- Unterlagen Support Infostar: Kassation (nach 10 Jahren)
- Dossiers zu Adoptionen: Dauernde Aufbewahrung
- Dossiers "Suche nach leiblichen Eltern": Kassation (nach 10 Jahren)
- Bereinigungen Infostar: Kassation (nach 10 Jahren)
- Unterlagen Familienforschung: Kassation (nach 10 Jahren)
- Unterlagen Rechtsmittelverfahren: Dauernde Aufbewahrung
- Unterlagen Instruktionskurse: Kassation (nach 10 Jahren)
- Unterlagen Aktenprüfung (Ehefähigkeitszeugnisse, Korrespondenzen, EAZV, Sicherstellung): Kassation (nach 10 Jahren)
- Dossiers Namensänderungen: Kassation (nach 10 Jahren)
Sonderzivilstandsamt
- Auslandurkunden: Kassation (nach 50 Jahren; im Falle einer elektronischen Sicherung oder einer Sicherung auf Mikrofilm: Kassation nach 10 Jahren)
- Belege für Beurkundungen (Adoptionen, Namensänderungen): Kassation (nach 50 Jahren; im Falle einer elektronischen Sicherung oder einer Sicherung auf Mikrofilm: Kassation nach 10 Jahren)
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Sachakten (30 Jahre)
Ende der Schutzfrist
12/31/2035
Bewilligung
Staatsarchiv
Zugänglichkeit
Archivmitarbeiter/-innen
Physische Benutzbarkeit
Uneingeschränkt