Fachstelle für Datenschutz
Titel
Fachstelle für Datenschutz
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1983-2006
Existenzzeitraum
1996-
Geographische Angaben (Adresse)
Regierungsgebäude, 9001 St.Gallen
Rechtsform
Verwaltungseinheit
Rechtsgrundlagen
Zentrale Rechtsgrundlage bildet das kantonale Datenschutzgesetz vom 20. Januar 2009 (sGS 142.1).
(Amts-)Leitung
1996-: Corinne Suter Hellstern
Behördengeschichte
Die ersten Bestrebungen auf eidgenössischer Ebene «zum Erlass einer Gesetzgebung, welche den Bürger und dessen Privatsphäre gegen missbräuchliche Verwendung von Datenverarbeitungsanlagen sicherstellen soll» , gehen auf die 1970er Jahre zurück. Das Datenschutzgesetz des Bundes trat dann allerdings erst per 1. Juni 1993 in Kraft, wesentlich befördert durch die einige Jahre zuvor publik gewordene «Fichenaffäre» um die mehrere Hunderttausend an Staatsschutz-Akten, die über Jahrzehnte hinweg von eidgenössischen und kantonalen Polizeibehörden angelegt worden waren.
Auf kantonaler Ebene verlief die gesetzgeberische Entwicklung ebenfalls zögerlich. Während einige Westschweizer Kantone bereits ab 1976 entsprechende gesetzliche Regelungen zur Bearbeitung von Personendaten durch ihre kantonalen öffentlichen Organe verabschiedet hatten, erachteten diverse andere Kantone die Schaffung eines kantonalen Datenschutzgesetzes lange Zeit für nicht erforderlich und beschränkten sich auf Regelungen auf Verordnungsstufe. So wurde auch im Kanton St.Gallen die 1996 erlassene Datenschutzverordnung erst per Anfang 2009 durch das bis dato geltende kantonale Datenschutzgesetz (sGS 142.1) abgelöst. Entsprechend gibt es auch die kantonale Fachstelle für Datenschutz (FDS) erst seit Anfang 2009. Sie löste das vormalige Kontrollorgan für den Datenschutz ab, das, eingesetzt per 1. Januar 1996, im Rechtsdienst der Staatskanzlei eingegliedert gewesen war.
Seit dem 25. Juni 2019 ist das revidierte Datenschutzgesetz in Vollzug. Nebst neuen Instrumenten wie der Datenschutz-Folgenabschätzung oder der Meldepflicht bei Datenschutzverletzungen wurden die Rechte der betroffenen Personen und die Stellung der Datenschutzstellen gestärkt.
Tätigkeitsbereich (Behördenkompetenzen)
Die kantonale Fachstelle für Datenschutz ist das vom Kanton eingesetzte Organ für Aufsicht und Beratung im Datenschutz. Es ist für die Staatsverwaltung und die selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalten des Kantons zuständig. Von der Aufsicht durch die Fachstelle ausgenommen sind Kantonsrat und Regierung sowie die Gerichte, soweit diese richterlich handeln.
Im Einzelnen erfüllt die Fachstelle folgende Aufgaben:
• Vernehmlassungen (Rechtsetzung): Die Fachstelle nimmt Stellung zum Entwurf von Erlassen.
• Vorabkonsultationen: Die Vorabkonsultation ist eine Vorab-Prüfung einer geplanten Bearbeitung von Personendaten durch die Datenschutzfachstelle. Sie ist erforderlich zum einen bei Rechtsetzungsprojekten, die den Datenschutz betreffen (siehe oben: Vernehmlassungen); zum anderen bei anderweitigen Projekten, bei denen die vorangegangene, von einer kantonalen Dienststelle durchgeführte Datenschutz-Folgeabschätzung ergeben hat, dass die Bearbeitung von Personendaten zu einem hohen Risiko für die Grundrechte der betroffenen Person führt. Nach bisheriger Praxis werden jährlich rund fünf bis acht Vorabkonsultationen durchgeführt. Es handelt sich um ein vergleichsweise junges Instrument der Fachstelle, dessen weitere Entwicklung und künftige Bedeutung derzeit erst schwierig abschätzbar sind.
• Prüftätigkeit: Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen des Datenschutzes in kantonalen Dienststellen im Allgemeinen oder in einzelnen Projekten. Die Kontrollen erfolgen auf Anzeige, von sich aus oder nach dem von der Fachstelle aufgestellten jährlichen Prüfprogramm. Aus Kapazitätsgründen ist die Prüftätigkeit dieser Art auf einige wenige Kontrollen pro Jahr beschränkt. Bei festgestellten Mängeln kann die Fachstelle Empfehlungen abgeben, gegebenenfalls beim zuständigen Departement oder der Staatskanzlei Massnahmen beantragen, wenn die Voraussetzungen nach dem Datenschutzgesetz erfüllt sind, auch eine Verfügung erlassen.
• Einzelanfragen von kantonalen Stellen, Gemeinden oder Privaten zu verschiedensten Aspekten des Datenschutzes. Jährlich über 250 Anfragen (Stand 2020), im Allgemeinen von beschränkter Tragweite.
• Beratung und Beaufsichtigung der Gemeindefachstellen für Datenschutz, d.h. der städtischen Fachstelle in St.Gallen sowie der drei regionalen Fachstellen mit Standort in Oberuzwil, Buchs und Rapperswil-Jona. Die Beratung erfolgt in der Form von Austauschsitzungen, Arbeitsbesuchen oder Einzelanfragen.
• Sensibilisierung der kantonalen Dienststellen wie auch der Öffentlichkeit mittels Merkblätter, Arbeitshilfen, u.a.
• Registerführung über die im Zuständigkeitsbereich der Fachstelle vorhandenen Datensammlungen.
• Berichterstattung: jährlicher Tätigkeitsbericht zur Kenntnisnahme an Regierung und Kantonsrat.
Insgesamt bearbeitet die Fachstelle rund 250-300 Geschäfte pro Jahr (Stand 2021); die Tendenz ist weiter steigend.
Administrative Strukturen
Die Fachstelle ist administrativ der Staatskanzlei zugeordnet, erfüllt ihre Aufgaben aber fachlich unabhängig und selbständig. Die Aufsicht übt die Staatswirtschaftliche Kommission des Kantonsrates aus. Der Fachstelle stehen aktuell 150 Stellenprozente zur Verfügung, die sich auf drei Mitarbeitende verteilen (Stand 2021). Die Leiterin oder der Leiter wird von der Regierung auf eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt
Parallelüberlieferungen
Auf kantonaler Ebene pflegt die Fachstelle eine enge Zusammenarbeit mit dem Informatiksicherheitsbeauftragten im Dienst für Informatikplanung, insbesondere für die gemeinsam durchgeführten Kontrollen sowie für ausgewählte Einzelanfragen und die Vorabkonsultationen, sowie einen periodischen Austausch mit dem Staatsarchiv zu Fragen der Aktenführung und Archivierung. Hinzu kommen die regelmässigen Kontakte zu den Gemeindefachstellen für Datenschutz und im Rahmen von «privatim», der Konferenz der schweizerischen Datenschutzbeauftragten.
Einen guten Überblick über Aufgaben und Tätigkeit der Fachstelle gibt ihr Internet-Auftritt: www.datenschutz.sg.ch.
Bewertung der organisatorischen Gesamtfunktion
Bei der Fachstelle für Datenschutz handelt es sich um eine kleine und vergleichsweise junge Dienststelle, die im Alltag vorwiegend beratend und sensibilisierend tätig ist. Über ihren Hauptauftrag leistet sie jedoch einen wichtigen Beitrag zum verfassungsrechtlich geschützten Grundrecht auf persönliche Freiheit. Die Bedeutung dieses Auftrags wird unterstrichen durch die fachliche Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Fachstelle und hat, auch in der öffentlichen Wahrnehmung, mit der rasch fortschreitenden Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien in jüngster Zeit weiter zugenommen.
Historische Kriterien
Wenn die Geschichte des Datenschutzes noch jung ist, so gilt dies für die Geschichtsschreibung darüber erst recht, sieht man von verschiedenen Beiträgen rechtlicher bzw. rechtshistorischer Art ab. Breit angelegte Studien aus der Perspektive der Geschichtswissenschaft dagegen sind, jedenfalls im deutschen Sprachraum, bislang rar. Am ehesten greifbar sind historische Publikationen, die auf ausgewählte, besonders gravierende behördliche Verstösse gegen den Datenschutz eingehen, namentlich im Kontext der sog. «Fichenaffäre» und ihrer politisch-gesellschaftlichen Aufarbeitung ab 1989.
Rechtliche Kriterien
Rechtliche oder administrative Aufbewahrungspflichten und –fristen:
Keine bekannt.
Bedeutung im Hinblick auf Rechtssicherheit und Interessenwahrung (für den Staat oder Private) sowie für die Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns:
Da die Fachstelle kaum Entscheidungskompetenzen besitzt, steht bei der Bewertung ihrer Unterlagen die Frage der Rechtssicherheit nicht im Vordergrund. Hingegen ist es mit Blick auf ihre Tätigkeit im Dienst der informationellen Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger von Interesse, nachvollziehbar zu machen, wie einerseits die Fachstelle selber ihre Aufgabe wahrgenommen hat und andererseits die öffentlichen Organe des Kantons ihrer Pflicht zur Beachtung des Datenschutzes nachgekommen sind.
Vereinbarung
Vereinbarung zwischen dem Staatsarchiv und der Fachstelle für Datenschutz vom November 2021:
• Tätigkeitsberichte: Archivwürdig
• Kontrollberichte: Archivwürdig
• Merkblätter, Arbeitshilfen (Eigenproduktionen): Archivwürdig
• Vernehmlassungsunterlagen: Nicht archivwürdig
• Vorabkonsultationen: Nicht archivwürdig
• Einzelanfragen: Nicht archivwürdig
• Arbeitsbesuche bei Gemeindefachstellen: Berichte: Nicht archivwürdig
• Register der Datensammlungen: Nicht archivwürdig
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Sachakten (30 Jahre)
Ende der Schutzfrist
12/31/2036
Bewilligung
Staatsarchiv
Zugänglichkeit
Archivmitarbeiter/-innen
Physische Benutzbarkeit
Uneingeschränkt