Grundbuchinspektorat
Titel
Grundbuchinspektorat
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1921-2010
Existenzzeitraum
1920-
Synonyme
frühere Bezeichnungen Grundbuchinspektorat
2008-: Abteilung innerhalb des Amts für Gemeinden
1976-2007: Grundbuchinspektorat (Justiz- und Polizeidepartement JPD)
1972-1975: Grundbuchinspektorat (Justizdepartement JD)
1964-1971: Handelsregisteramt und Grundbuchinspektorat (Justizdepartement JD)
1945-1964: Handelsregisteramt und Grundbuchinspektorat (Justiz- und Sanitätsdepartement JSD)
1942-1944: Grundbuchinspektor (Justiz- und Sanitätsdepartement)
1920-1942: Grundbuchinspektor (Justizdepartement)
Abkürzungen
GBI
Verwandte Körperschaften, Familien, Personen
Grundbuchämter der Gemeinden
Geographische Angaben (Adresse)
Davidstrasse 27, 9001 St.Gallen
Rechtsform
Abteilung
Rechtsgrundlagen
Die übergeordnete Rechtsgrundlage für das Grundbuchwesen im Allgemeinen ist der 25. Titel im Schweizerischen Zivilgesetzbuch: 'Das Grundbuch' . Die wichtigsten aktuell gültigen Rechtsgrundlagen für das GBI sind (Stand September 2010):
- Einführungsverordnung zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, vom 14. Dezember 1945 (sGS 911.11), insbesondere Art. 139 Abs. 1
- Grundbuchbereinigungsverordnung, vom 29. August 1978 (sGS 914.31), insbesondere. Art. 6 und 27
- Verordnung über die EDV-Grundbuchführung, vom 4. August 1998 (sGS 914.12), insbesondere Art. 3
- Verordnung über die Prüfung und den Fähigkeitsausweis der Grundbuchverwalter, vom 30. März 1976 (sGS 914.45), insbesondere Art. 3
- Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, vom 7. Januar 1988 (sGS 914.1), insbesondere Art. 6, Abs.1
- Einführungsverordnung zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, vom 14. Dezember 1945 (sGS 911.11), insbesondere Art. 129bis. Abs. 1 und 2
(Amts-)Leitung
1920-1945: Elias Reich
1945-1964: Franz Bächtiger
1964-1991: Hans Stieger
1991-2008: Marius Knecht
2009-: Ernst Kurer
Behördengeschichte
Das GBI hat seinen Ursprung 1920, als Elias Reich zum ersten Grundbuchinspektor im Kanton St.Gallen ernannt wurde. Damit kam die Regierung ihrer Verpflichtung nach, die Führung der Grundbücher in den Gemeinden zu beaufsichtigen.
Per 1. Juli 2000 wurde dem GBI zusätzlich die Kompetenz zur Bewilligung von Grundstückerwerben durch Personen im Ausland von den damals aufgelösten Bezirksämtern übertragen. Die Bezirksämter waren Bewilligungsbehörden, seit diese Genehmigungspflicht Mitte Juli 1961, zurückgehend auf einen Bundesbeschluss und eine kantonale Vollzugsverordnung, in Kraft getreten war.
Tätigkeitsbereich (Behördenkompetenzen)
Das GBI ist Aufsichtsorgan im kantonalen Grundbuchwesen. Für die Führung der Grundbücher sind die Grundbuchämter der Gemeinden zuständig. Der Kanton ist in 92 Grundbuchkreise aufgeteilt, die von 77 Grundbuchämtern verwaltet werden (Stand: Januar 2011). Ein Grundbuchamt verwaltet das Grundbuch eines oder mehrerer Grundbuchkreise.
Das GBI erfüllt folgende Aufgaben:
- Aufsicht über die Grundbuchführung: Das GBI übt die Aufsicht über die Grundbuchführung/-verwaltung aus.
- Aufsicht über die Grundbuchbereinigung: Mit Grundbuchbereinigung ist die Einführung des einheitlichen eidgenössischen Grundbuchs anstelle des unterschiedlichen kantonalen Grundbuchs gemeint, was demnach eine einmalige Angelegenheit pro Grundbuchkreis ist. Derzeit ist die Bereinigung lediglich in Alt St.Johann, Amden und Kirchberg noch ausstehend. Das GBI übt die unmittelbare Aufsicht über die Grundbuchbereinigung aus. Insbesondere prüft das GBI den Abschluss der Bereinigung und die damit verbundene Anlegung des eidgenössischen Grundbuchs.
- Bewilligung des informatisierten Grundbuchs: Das GBI bewilligt Datenersterfassung und Inbetriebnahme des informatisierten Grundbuchs, was pro Grundbuchkreis je eine einmalige Angelegenheit ist.
- Erteilung von Grundbuchauskünften: Das GBI erteilt auf Anfrage Grundbuchauskünfte resp. Stellungnahmen betreffend rechtliche Fragen und Probleme, überwiegend an Grundbuchämter, vereinzelt auch an Rechtsberater, Banken etc.
- Durchführung der Prüfungen von Grundbuchverwaltern: Der Grundbuchinspektor ist Vizepräsident der Prüfungskommission, welche die Prüfungen von Grundbuchverwaltern vorbereitet, durchführt und bewertet. Als Vertreter des Kantonsgerichts präsidiert ein Kantonsrichter die Prüfungskommission, wobei das GBI federführend ist.
- Grundstückerwerb durch Personen im Ausland: Das GBI ist die Bewilligungsbehörde. Gemäss Bundesgesetz soll der Grundstückerwerb durch Personen im Ausland beschränkt werden, "um die Überfremdung des einheimischen Bodens zu verhindern". Als Grundstückerwerb im weiteren Sinne gelten unter anderem auch die Begründung von Kaufrechten, Baurechten, Wohnrechten, Nutzniessungen an Grundstücken und der Erwerb von Anteilen an juristischen Personen, deren tatsächlicher Zweck der Grundstückerwerb ist.
- Schutz der Grundbücher: Das GBI bemüht sich um den Schutz der Grundbücher vor Verlust, Schaden und unbefugte Einwirkungen. Die Grundbücher werden auf Mikrofilm (analoge Grundbücher) oder in digitaler Form (informatisiertes Grundbuch) gesichert.
Administrative Strukturen
Das GBI als Abteilung des AfGE ist als Organisation nicht weiter unterteilt.
Parallelüberlieferungen
- Die Regierung ist erste Beschwerdeinstanz beim Grundstückerwerb durch Personen im Ausland. Die Regierung setzt das eidgenössische Grundbuch per Beschluss in Kraft. In den Amtsberichten der Regierung (bis 2007) sind jeweils Ausführungen über die Tätigkeit des GBI (inkl. Grundstückerwerb durch Personen im Ausland) enthalten. In den 'neuen' Geschäftsberichten der Regierung (seit 2008) sind üblicherweise keine Ausführungen über das GBI enthalten.
- Das DI ist beschwerdeberechtigt bei der Bewilligung von Grundstückerwerb durch Personen im Ausland. Das DI (zuständige Regierungsrätin/zuständiger Regierungsrat) unterzeichnet die Fähigkeitsausweise, ohne jedoch eine Kopie aufzubewahren. Nötigenfalls kann das DI Fähigkeitsausweise entziehen.
- Die Grundbuchämter führen und verwalten die Grundbücher. Für die Grundbücher gilt eine dauernde Aufbewahrungspflicht.
- Bis Juni 2000 waren die Bezirksämter resp. die Bezirksammänner Bewilligungsbehörde beim Grundstückerwerb durch Personen im Ausland. Das GBI war bis dahin beschwerdeberichtigte Behörde. Diese Unterlagen wurden nach bestehender Praxis im Staatsarchiv nicht dauernd aufbewahrt.
- Das Verwaltungsgericht ist nach der Regierung zweite Beschwerdeinstanz beim Grundstückerwerb durch Personen im Ausland. Falls es zu gerichtlichen Verfahren kommt, sind Urteile und Akten beim Verwaltungsgericht vorhanden. Auf Bundesebene ist das Bundesgericht Beschwerdeinstanz.
- Statistiken über den Grundstückerwerb durch Personen im Ausland sind im Statistischen Jahrbuch der Schweiz (bis 1988) und in der Zeitschrift 'Die Volkswirtschaft' enthalten, wobei heute nur noch über den Erwerb von Ferienwohnungen Statistik geführt wird.
Bewertung der organisatorischen Gesamtfunktion
Der Führung des Grundbuchs als Register von Rechten und Lasten an Grundstücken kommt eine zentrale Bedeutung zu. Der Anspruch an das Grundbuch und die Grundbuchführung, die Rechtslage für sämtliche Grundstücke zuverlässig festzuhalten, verpflichtet. Folglich ist auch die Aufsicht über die Grundbuchführung sehr zentral. Hingegen kommt dem Grundstückerwerb durch Personen im Ausland eine geringere Bedeutung zu, zumal der Anwendungsbereich des BewG (Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland) in den letzten Jahren zurückging. Heute ist grundsätzlich nur noch der Erwerb von Ferienwohnungen und fremdgenutztem Wohneigentum bewilligungspflichtig.
Historische Kriterien
Die Aufsichtsberichte und die Unterlagen zu den Grundbuchverwaltern (Verzeichnisse und Karteien) können nützliche Quellen sein, da sie die historische Entwicklung der einzelnen Grundbuchämter und den beruflichen Werdegang und die Tätigkeit der Grundbuchverwalter dokumentieren. Letzteres könnte für die Genealogie interessant sein.
Abgesehen von den rechtlichen Kriterien sind die Grundbücher auch aus historischer Sicht interessant, da sie die Erforschung von Besitzverhältnissen ermöglichen. Diese Bedeutung kommt sowohl für die Originale bei den Grundbuchämtern als auch für die Sicherheitskopien beim GBI zum Tragen.
Vor dem Hintergrund der seit den 1980er-Jahren geführten Diskussionen um den "Ausverkauf der Heimat" und um die "Überfremdung der Schweiz" sowie im Hinblick auf ihre - allerdings je nach Region stark unterschiedliche - Bedeutung für Siedlungsgeschichte und Regionalentwicklung, Tourismus oder auch Natur- und Heimatschutz kommt der Thematik des Grundstückerwerbs durch Personen im Ausland eine erhöhte historische Bedeutung zu, welche in Ergänzung zu den bereits andernorts vorhandenen Statistiken die Aufbewahrung der diesbezüglichen Verfügungen (allerdings ohne Begleitakten) nahelegt.
Der historische Wert von Unterlagen zur Durchführung der Prüfungen von Grundbuchverwaltern dürfte dagegen eher gering sein. Die Aufgaben der Grundbuchverwalter und somit auch die Anforderungen lassen sich aus den rechtlichen Grundlagen über das Grundbuchwesen ableiten.
Rechtliche Kriterien
Dem Grundbuch kommt bezüglich Rechtssicherheit und Interessenwahrung eine besondere Bedeutung zu. Weil Rechte und Lasten an Grundstücken sehr dauerhaft bestehen können, muss entsprechend auch die Rechtssicherung langfristig möglich sein. Dies gilt in vergleichbarer Weise auch für die Aufgabenbereiche resp. Unterlagentypen des GBI. Im Speziellen trifft dies für die Grundbuchauskünfte und die Verfügungen beim Grundstückerwerb durch Personen im Ausland zu. Die Grundbuchauskünfte können in Haftungsfällen entscheidend sein. Falls bei Schäden, die Grundbuchämter verschuldeten, Anweisungen aus Auskünften nicht befolgt wurden, kann der Kanton, der generell haftet, auf die Gemeinden zurückgreifen. An den Grundstückerwerb durch Personen im Ausland sind teilweise Auflagen geknüpft. Der Nachweis der Auflagen und die Möglichkeit deren Einhaltung zu prüfen, müssen ermöglicht werden.
Spezifische rechtliche Aufbewahrungsfristen liegen lediglich für die Sicherheitskopien der Grundbücher vor. Es sind Schutzvorkehrungen gegen Verlust, Schäden und unbefugte Einwirkung erforderlich, woraus sich eine dauernde Aufbewahrungspflicht ableiten lässt.
Weitere spezifische rechtliche Aufbewahrungsfristen liegen nicht vor. Insofern könnte aus rechtlicher Sicht generell eine zehnjährige Aufbewahrungsfrist gemäss dem Obligationenrecht und der Geschäftsbücherverordnung geltend gemacht werden.
Bei Aufsichtsberichten, Grundbuchauskünften und Verfügungen beim Grundstückerwerb durch Personen im Ausland können sehr unterschiedliche administrative Aufbewahrungsfristen vorliegen, da sie individuell direkt an die Dauer der Rechte und Lasten gekoppelt sind. Daher ist es nicht möglich, pauschal eine Frist festzulegen. Es liegt diesbezüglich in der Verantwortung des GBI zu entscheiden, wann diese Unterlagen im Einzelfall nicht mehr gebraucht und daher ausgesondert werden können.
Für die Prüfungen (Vorlagen und Lösungen) besteht gemäss Einschätzung des GBI eine administrative Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren.
Vereinbarung
Vereinbarung vom Februar 2011
Aufsicht über die Grundbuchführung
- Aufsichtsberichte (inkl. Anhang): Dauernde Aufbewahrung
- Begleitakten: Kassation (nach 10 Jahren)
Aufsicht über die Grundbuchbereinigung
- Aufsichtsberichte: Dauernde Aufbewahrung
- Begleitakten: Kassation (nach Ermessen, frühestens nach 10 Jahren)
- Berichte über den Stand der Grundbuchbereinigung: Kassation (nach 10 Jahren)
Bewilligung des informatisierten Grundbuchs
- Bewilligungen Datenersterfassung und produktiver Betrieb: Dauernde Aufbewahrung
- Begleitakten Bewilligungen: Kassation (nach 10 Jahren)
- Vertraulichkeitserklärungen: Kassation (nach Ermessen, frühestens nach 10 Jahren)
- Aufsichtsberichte (inkl. Anhang): Dauernde Aufbewahrung
Erteilung von Grundbuchauskünften
- Auskünfte an Grundbuchämter: Kassation (nach Ermessen, frühestens nach 10 Jahren)
- Übrige Auskünfte: Kassation (nach Ermessen, frühestens nach 10 Jahren)
Durchführung der Prüfungen von Grundbuchverwaltern
- Verzeichnis, Karteien Grundbuchverwalter-Patente: Dauernde Aufbewahrung
- Verzeichnis der Grundbuchverwalter: Dauernde Aufbewahrung
- Prüfungen Vorlagen: Kassation (nach 5 Jahren)
- Prüfungen Lösungen: Kassation (nach 5 Jahren)
- Protokolle der Prüfungskommission: Kassation (nach 5 Jahren)
Grundstückerwerb durch Personen im Ausland
- Verfügungen/Entscheide (mit und ohne Bewilligungspflicht): Dauernde Aufbewahrung
- Kartei, Verzeichnis: Dauernde Aufbewahrung
- Begleitakten: Kassation (nach 10 Jahren)
Schutz der Grundbücher
- Sicherheitskopien: Dauernde Aufbewahrung
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Sachakten (30 Jahre)
Ende der Schutzfrist
12/31/2040
Bewilligung
Staatsarchiv
Zugänglichkeit
Archivmitarbeiter/-innen
Physische Benutzbarkeit
Uneingeschränkt