Staatssekretär
Titel
Staatssekretär
Stufe
Fonds
Entstehungszeitraum
1984-2018
Existenzzeitraum
1803-
Abkürzungen
SK-St
Geographische Angaben (Adresse)
Regierungsgebäude, 9001 St.Gallen
Rechtsform
Verwaltungseinheit
Rechtsgrundlagen
Für die gesamte Staatskanzlei sind von Bedeutung:
- Staatsverwaltungsgesetz vom 16. Juni 1994 (sGS 140.1; abgekürzt StVG), Art. 7d, Art. 32 bis 35 und 40;
- Geschäftsreglement des Kantonsrates vom 24. Oktober 1979 (sGS 131.11; abgekürzt GeschKR), Art. 43 bis 47;
- Geschäftsreglement der Regierung und der Staatskanzlei vom 7. Dezember 1951 (sGS 141.3; abgekürzt GeschR), Art. 34 bis 36bis.
Im Hinblick auf die Tätigkeit des Staatssekretärs kommen als spezifische Grundlagen hinzu:
- Art. 56 Bst. a, Art. 59 Abs. 1 Bst. d und Art. 64 Bst. d KV;
- Art. 13, 20, 32, 33 sowie 34 und 35 Abs. 1 Bst. a sowie Art. 40 StVG;
- Art. 43, 44 GeschKR;
- Art. 34 bis 36bis des Geschäftsreglementes der Regierung und der Staatskanzlei (sGS 141.3; abgekürzt GeschR);
- Art. 2, Art. 7 Abs. 2, Art. 14 sowie Art. 16 Abs. 3, Art. 22 und Art. 26 der Geschäftsordnung der Regierung (sGS 141.2; abgekürzt GeschO).
(Amts-)Leitung
Staatssekretäre seit 1803 (Name/Bürgerort):
1803 - 1822: Johann Jakob Zollikofer, von St.Gallen
1822 - 1826: Franz Anton Ledergerw, von Wil
1826 - 1831: Gallus Jakob Baumgartner, von Altstätten
1831 - 1835: Joseph Franz Bernold, von Walenstadt
1835 - 1838: Johann Matthias Hungerbühler, von Wittenbach
1838 - 1849: Georg Peter Friedrich Steiger, von Flawil
1849 - 1851: Felix Helbling, von Rapperswil
1851 - 1859: Johann Jakob Zingg, von Kaltbrunn
1859 - 1861: Johann Jakob Bösch, von Wattwil
1861 - 1879: Johann Jakob Zingg, von Kaltbrunn
1879 - 1888: Josef Anton Friedrich (Robert) Hoffmann, von Rorschach
1888 - 1923: Othmar Johann Müller, von Wil
1923 - 1951: Hans Gmür, von Amden
1951 - 1960: Albert Scherrer, von Mosnang
1960 - 1980: Hans Stadler, von Kirchberg
1980 - 1999: Dieter J. Niedermann, von St.Gallen und Steinach
2000 - 2008: Martin Gehrer, von St.Gallen
2009 - 2020: Canisius Braun, von St.Gallen und Kirchberg (SG)
2020 -: Benedikt van Spyk, von St.Gallen und Rheinfelden (AG)
Behördengeschichte
Der Staatssekretär wurde bis 1815 Kanzleidirektor, danach bis 1994 Staatsschreiber genannt. Gewählt wurde er 1803 bis 1831 vom Kleinen Rat (Regierungsrat), seither vom Grossen Rat (Kantonsrat), wobei die Regierung seit 2003 ein Vorschlagsrecht besitzt. Von 1803 – 1851 ist zusätzlich die Funktion des «Ratsschreibers» nachgewiesen, von 1817 an meistens «2. Staatsschreiber» genannt. Dieser war Protokollführer des Kleinen Rates, daneben Sekretär der Polizei- und Justizkommission, bis 1831 auch Pressezensor. Seit 1851 gibt es nurmehr einen Staatsschreiber.
Die Organisation und Struktur der Staatskanzlei war in den vergangenen Jahren immer wieder Veränderungen unterworfen. Eine wesentliche Neuerung stellt die Neuorganisation der Parlamentsdienste dar (22.15.06 und 27.15.01). Dabei wurde das Modell «Teilautonomie» und damit das Kooperationsmodell, wonach die Staatskanzlei als Stabsstelle von Regierung und Kantonsrat fungiert, im Grundsatz weitergeführt. Zugleich erhielten die Parlamentsdienste eine analoge Stellung wie die ebenfalls teilautonome Finanzkontrolle. Die administrative Einbindung der Parlamentsdienste in die Staatskanzlei ermöglicht die koordinierte Aufgabenerfüllung durch die Parlamentsdienste und die Dienststellen der Staatskanzlei zuhanden des Kantonsrates.
Die Aufgabe und Rolle des Staatssekretärs wurde gestützt auf diese Neuorganisation der Parlamentsdienste durch den XX. Nachtrag zum Geschäftsreglement des Kantonsrates weiterentwickelt (27.20.01). Die Rolle der Staatssekretärin oder des Staatssekretärs wurde im Verhältnis zum Parlament auf jene Aufgaben beschränkt, die im Rahmen des Modells «Teilautonomie» erforderlich sind, um als Scharnier zwischen Kantonsrat und Regierung wirken und eine koordinierte Aufgabenerfüllung der an dieser Schnittstelle tätigen Mitarbeitenden in der Staatskanzlei sicherstellen zu können. Zur Sicherstellung der reibungslosen Zusammenarbeit der Dienststellen der Staatskanzlei mit den Parlamentsdiensten vereinbart die Staatssekretärin oder der Staatssekretär mit dem Präsidium weiterhin die unterstützenden Leistungen, welche die Staatskanzlei im Aufgabenbereich der Parlamentsdienste erbringt.
Tätigkeitsbereich (Behördenkompetenzen)
Der Staatssekretär ist Leiter der Staatskanzlei und wird auf Antrag der Regierung vom Kantonsrat auf eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt. Sein Hauptauftrag umfasst - ausgehend von Art. 20 Abs. 1 StVG und Art. 43 und 44 des GeschKR – im Wesentlichen folgende Aufgaben: Der Staatssekretär:
- leitet den Geschäftsverkehr der Regierung, nimmt an ihren Verhandlungen teil und ist für die Protokollführung verantwortlich;
- stellt der Regierung Antrag über Geschäfte im Aufgabenbereich der Staatskanzlei und vertritt deren Beschlüsse darüber im Kantonsrat;
- stellt das Controlling in der Staatskanzlei sicher;
- sorgt für die Öffentlichkeitsarbeit;
- leitet die Staatskanzlei und repräsentiert diese nach aussen;
- leitet die Generalsekretäre-Konferenz sowie das kantonale Stimmbüro.
Historisch betrachtet hat sich der Schwerpunkt des Aufgabenprofils des Staatssekretärs in den letzten Jahrzehnten stark verschoben. Wirkte er bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein primär als juristisches Gewissen des Staates, stehen heute betriebswirtschaftliche und projektorganisatorische Aufgaben sowie Aufgaben rund um die Digitalisierung im Zentrum.
Parallelüberlieferungen
- Regierung: Aufgrund seiner Aufgaben (siehe oben Ziff. 2) arbeitet der Staatssekretär eng mit der Regierung zusammen. Die Unterlagen der Regierung werden über die im Einzelfall zuständigen Dienststellen der Staatskanzlei überliefert, namentlich die Abteilung Administration.
- Dienststellen der Staatskanzlei: Über die Regierungsgeschäfte hinaus pflegt der Staatssekretär eine intensive Zusammenarbeit mit den einzelnen Dienststellen der Staatskanzlei. Die Federführung liegt in den meisten dieser Geschäfte bei den jeweiligen Dienststellenleitungen.
- Geschäftsbericht der Regierung: Die Tätigkeit des Staatssekretärs fliesst ein in den Abschnitt zur Staatskanzlei im jährlichen «Geschäftsbericht der Regierung».
Weitere Unterlagen zur Funktion des Staatssekretärs bzw. zur Staatskanzlei:
- Dominique Haenni: Staatskanzlei des Kantons St.Gallen. Eine Untersuchung über Organisation und Arbeitsweise (im Auftrag der SK). Ungedrucktes Manuskript, Carouge 1991 (frz./dt. Version).
- Abschiedsreferat Dieter J. Niedermann vom 29. September 1999 im Kantonsrat, ProtKR 1996/2000, Nr. 534/4 ff.
- Botschaft und Verfassungsentwurf der Verfassungskommission vom 17. Dezember 1999, ABl 2000, 165 ff., 326, und dort erwähnte Dokumente zur Revision der Kantonsverfassung.
- Botschaft und Entwurf des Regierung vom 9. März 1993 zum Staatsverwaltungsgesetz (ABl 1993, 758 ff., 769 ff., und ProtKR 1992/96, Nr. 464/3 (Wechsel in der Bezeichnung von "Staatsschreiber" auf "Staatssekretär").
Bewertung der organisatorischen Gesamtfunktion
Die Funktionen des Staatssekretärs sind zweifellos von erstrangiger Bedeutung innerhalb der Staatsverwaltung. Dies ergibt sich allein schon aus der Stabsfunktion, die er (als Person bzw. zusammen mit den Dienststellen der Staatskanzlei) zu Gunsten von Parlament und Regierung wahrnimmt. Wesentliche Bedeutung kommt ihm auch durch die Koordinationsrolle zu, die er vielfach bei behörden- und departementsübergreifenden Projekten im Kanton innehat.
Historische Kriterien
Als im Herbst 2005 publik wurde, dass der Bundesrat beabsichtige, die vom langjährigen Vizekanzler geführten Aufzeichnungen aus den Bundesratssitzungen entgegen den Bestimmungen der Archivgesetzgebung des Bundes zu vernichten, reagierte die historische Fachwelt mit Empörung und verwies auf die grosse Bedeutung dieser Aufzeichnungen als historische Quelle, die ohne jegliche Zweifel für «zukünftige Generationen von Interesse» seien. Daraufhin korrigierte der Bundesrat seinen Entscheid. Die Aufzeichnungen werden im Schweizerischen Bundesarchiv archiviert. Die historische Bedeutung der Aufzeichnungen über die Verhandlungen der Kantonsregierung ist analog zu jener auf Bundesebene zu beurteilen.
Rechtliche Kriterien
Rechtliche oder administrative Aufbewahrungspflichten und -fristen:
Bezüglich der Aufzeichnungen über die Verhandlungen der Regierung war bis 2022 die von der Regierung im RRB 2001/135 erlassene Weisung in Kraft, wonach jeweils auf den 30. Juni jeden Jahres die Aufzeichnungen des vorangegangenen Kalenderjahres unwiederbringlich zu vernichten sind. Durch den III. Nachtrag zur Geschäftsordnung der Regierung wurde die rechtliche Grundlage geschaffen, wonach die Aufzeichnungen und die Orientierungen zehn Jahre bei der Staatskanzlei aufzubewahren und anschliessend dem Staatsarchiv anzubieten sind (RRB 2022/059).
Bedeutung im Hinblick auf Rechtssicherheit und Interessenwahrung (für den Staat oder Private) sowie für die Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns:
Die Aufzeichnungen über die Verhandlungen der Regierung sowie die Orientierungen leisten einen wichtigen Beitrag zur Transparenz und Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns, indem sie Elemente aus den Regierungssitzungen nachweisen, die sonst nirgends überliefert sind. Die Bedeutung und der Umfang der Orientierungen hat kontinuierlich zugenommen. Sie stellen eine wesentliche Ergänzung zu den Beschlusstraktanden einer Regierungssitzung dar und können sowohl zur Information über wichtige Vorlagen als auch für eine erste Diskussion anstehender Geschäfte oder politische Fragestellungen genutzt werden.
Vereinbarung
Vereinbarung zwischen dem Staatsarchiv und dem Staatssekretär vom April 2022:
- Aufzeichnungen über die Verhandlungen der Regierung: Archivwürdig
- Orientierungen: Archivwürdig
- Handakten: Anbieten (zur differenzierten Bewertung durch das Staatsarchiv)
Schutzfrist
Zeitraumende
Schutzfristdauer
30 Jahre
Schutzfristkategorie
Sachakten (30 Jahre)
Ende der Schutzfrist
12/31/2048
Bewilligung
Staatsarchiv
Zugänglichkeit
Archivmitarbeiter/-innen
Physische Benutzbarkeit
Uneingeschränkt